ARD-Hörspieldatenbank
Hörspielbearbeitung
Herr und Knecht
Vorlage: Herr und Knecht (Erzählung, russisch)
Bearbeitung (Wort): Helmut Walbert
Technische Realisierung: Peter Jochum, Waltraud Rasche
Regie: Jörg Jannings
"Der Gedanke, daß er in dieser Nacht sterben könne, ja höchstwahrscheinlich sterben müsse, erschien ihm weder besonders unangenehm, noch besonders furchterregend, war doch sein ganzes Leben nicht ein beständiger Müßiggang, sondern im Gegenteil ein unausgesetztes Dienen, dessen er müde zu werden begann." (Tolstoi, "Herr und Knecht") Es scheint ein äußerlicher Anlaß daß Walberts neues Hörspiel von Tolstois 1895 erschienener Erzählung gedanklichen Kontext und Titel leiht. Weder sind die beiden Intellektuellen, die da in der Sicherheit einer Großstadtwohnung die Nacht verbringen, in einem existentiellen Abhängigkeitsverhältnis, noch sind sie durch Irrweg und Naturgewalt vom Tode bedroht. Und doch empfindet der eine Schauspieler, gestützt auf sein naturwüchsiges Talent, seine Aufgabe als ein gesellschaftliches Dienen, ohne subjektive Ausrichtung und Reflexion auf eine vorgegebene Idee, während der andere, überzeugt von der tödlichen Bedrohung der Menschen, um eine Leben und Anschauung verändernde Idee ringt, der er mit kalkulierter Vernunft zu dienen sich und den anderen bewegen will. Ihre Wesens- und Charakterunterschiede sind gesellschaftlich bedingt wie in jener russischen Erzählung. Ob fern des Tolstoischen Heils- und Wandlungsgedankens die Gegensätze der beiden Schauspieler sich existentiell vermitteln und versöhnen lassen, bleibt bei Walbert eine offene. wenn man will, utopische Frage.