ARD-Hörspieldatenbank


Originaltonhörspiel


Erzähltes Leben


Monika Held

Kennen Sie Auschwitz?


Technische Realisierung: Helmuth Schick, Gerlind Raue


Regie: Monika Held

Sie kennen, von Fotografien oder vom Museumsbesuch, vielleicht die Bilder von Auschwitz: den Eingang "Arbeit macht frei", die Gaskammern, die Öfen, die Pritschen, die Geleise, den Stacheldraht. Die Wirklichkeit von Auschwitz kennen nur die, die dort gelebt haben und die dort gestorben sind. Wenn Hermann R. von Auschwitz erzählt, dann ist er wieder der politische Häftling Nr. 63.387, der im Arbeitskommando Angst hat vor dem Kapo Jupp, der Schädel spalten kann mit einem Spatenhieb; dann ist er wieder der Schreiber auf Block 21, dem Krankenbau, wo er im Akkord Totenscheine mit erfundenen Todesursachen in die Maschine tippt; dann ist er wieder der junge Mann, der vom Dachboden des Blocks 21 heimlich den Block 11, den Sitz der Lagergestapo, und die Massenerschießungen an der "Schwarzen Wand" beobachtet. Schon damals ahnt Hermann R., daß die Menschen nach dem Krieg die Wirklichkeit von Auschwitz nicht glauben werden. Deswegen macht er sich bewußt zum Augenzeugen. "sein Auschwitz": die Opfer und die Täter; den Josef Klehr, der Menschen mit der Phenolspritze tötete; den Oswald Kaduk, der Menschen mit dem Knüppel das Genick brach; seinen Freund Laszlo, dem er das Leben retten wollte und es nicht geschafft hat. "Sein Auschwitz" ist die spiegelblank gefegte Lagerstraße, sind die roten Backsteinblocks mit den gepflegten Blumengärten, ist die "bildhübsche Anlage Auschwitz", hinter deren Fassade auch eine internationale Rot-Kreuz-Kommission die Wirklichkeit von Auschwitz nicht entdecken konnte oder wollte.

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Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Hessischer Rundfunk 1989

Erstsendung: 19.06.1989 | 55'55

Darstellung: