ARD-Hörspieldatenbank
Hörspiel
Zwischen den Ohrringen der Redefluß
Technische Realisierung: Ekkehand Stoffregen, Iris König
Regieassistenz: Karin Hutzler
Regie: Ulrich Gerhardt
"Die Frau, die jetzt in schilfgrünen Badeschuhen die Badeanstalt betritt, sie zwinkert ein wenig, überschaut die Lage, nichts mißfällt ihr, so breitet sie ihr Handtuch aus. Es muß die andere Frau sein, ein fast unbeschriebenes Blatt die Liebe hat ihr noch keine Geschichte ins Gesicht geschrieben, ein unbeschriebenes Blatt, von niemandem in der Hand geknüllt. Wäre die eine Frau da, verschwände die andere Frau auf der Stelle. An einer Stelle ist immer nur eine Frau da, die andere kann ihre Anwesenheit in der gleichen Luft nicht ertragen. Die eine tut so, als wäre die Anwesenheit der anderen ein Nichts oder alles, was in beiläufigen Sätzen niedergemacht wird. Die Frau schlüpft aus ihren Badeschuhen, nestelt an ihrem Kleid, wirft das Bündel auf den Boden, beschwert es mit den Badeschuhen, deren Farbe dem Grün der Wiese und dem mariatheresianischen Gelb des Kleiderstoffes Hohn spricht und steigt ins Wasser." (Ursula Krechel) In diesen wenigen Sätzen ist der Rahmen der Tragödie in Ursula Krecheis neuem Hörspiel abgesteckt - oder sollte es sich doch mehr um eine Komödie handeln? Wie dem auch sei, niemand der Zaungäste und Experten, auch nicht der Schiffsarzt oder der Logbuchführer würden sagen wollen, daß sich die beiden Frauen "seinetwegen" in den See gestürzt haben; aber sie sind doch beide beinahe ertrunken und müssen ständig wieder gerettet werden. Der Kampf um "den Mann" fordert seinen Tribut. Eine Prosafassung dieses Textes ist in dem Erzählband "Die Freunde des Wetterleuchtens" bei Luchterhand erschienen.