ARD-Hörspieldatenbank

Ars acustica

Johannes Georgi, Simone Weil, René Char

Eismitte

Nach Motiven aus dem Tagebuch des Polarforschers Johannes Georgi sowie aus Texten von René Char und Simone Weil

Vorlage: Tagebuch/Texte

Bearbeitung (Wort): Werner Hofmeister, Ulrich Müller

Komposition: Werner Hofmeister, Müller, Ulrich

Redaktion: Wolfgang Korb, Wolf Loeckle

Technische Realisierung: Werner Hofmeister, Ulrich Müller, Siegfried Rössert

Regie: Werner Hofmeister, Ulrich Müller

"Ich scheue mich fast, wieder das Nichts zu registrieren", schrieb der Meteorologe und Polarforscher Johannes Georgi 1931 in sein Tagebuch, das er während seines Aufenthaltes im Inlandeis Grönlands führte. "Eismitte" hieß die Forschungsstation im Zentrum Grönlands, die 1930 bei der Alfred-Wegener-Expedition errichtet wurde. Johannes Georgi war vom 31. Juli 1930 bis zum 5. August 1931 ohne Unterbrechung in der Station "Eismitte", davon fast vier Monate allein - völlig isoliert, der einzige Mensch im Umkreis von 400 Kilometern Eiswüste. Georgis Tagebuchaufzeichnungen sind der Ausgangspunkt der HörKunst-Produktion mit dem Titel "Eismitte". Einzelne Einträge, Worte, Halbsätze, Gedankenfetzen wurden übernommen, um damit eine musikalische 'Untersuchung' anzustellen, die um den Klang von "Eismitte" kreist. Wie klingt eine solche Einsamkeit? Was hört einer in seinem Kopf, der sich einer so extremen Situation aussetzt? Wie klingen in der Erinnerung die vertrauten Geräusche, Klänge der Umgebung, die er verlassen hat? Welchen akustischen Obsessionen und Phantasien fühlt er sich ausgeliefert? Was ist die Macht dieses extremen Ortes? Fragen, denen dieses Hörstück nicht auf der Ebene des historischen Diskurses nachgeht, sondern mit musikalischen Mitteln begegnet. "Eismitte" wurde als ARD-Beitrag für den Prix Italia 2000 ausgewählt.

Werner Hofmeister, Ulrich Müller und Siegfried Rössert leben und arbeiten als Musiker- und Komponistenteam unter dem Namen "48 nord" in München. Zwei wesentliche Charakteristika kennzeichnen die Musik von 48 nord. Zum einen die Kombination von akustischen und elektronischen Instrumenten und Klangerzeugern und zum anderen die Verbindung von Improvisation und Komposition. So unterschiedlich die musikalische Herkunft der drei Musiker ist, so vielseitig sind auch die Einflüsse, die das eigenwillige Klangbild dieser Formation prägen. Es umfasst ebenso den Jazz wie die zeitgenössische E-Musik und leugnet auch Einflüsse von populärer Musik nicht. Die durch Improvisation gefundenen Strukturen werden von den drei Musikern mit unterschiedlichen Montage- und Kompositionstechniken zum Sound von 48 nord verdichtet.

Werner Hofmeister musiziert mit den Münchener Orchestern und an Münchener Sprecht heatern, spielt Jazz und Rock, begleitet Künstler bei Chansonabenden und Kabarettprogrammen, beschäftigt sich mit Neuer Musik und Improvisation, ist Gründungsmitglied des Münchener Percussionsensembles und Ensembles für percussive Kunst, wirkt mit bei Rundfunk-, CD- und Fernsehproduktionen, komponiert gelegentlich.

Ulrich Müller war ursprünglich Rockmusiker, bevor er zur zeitgenössischen E-Musik kam. Er arbeitet heute überwiegend im Bereich der Klanginstallation und Performance, hat an zahlreichen Theaterproduktionen mitgewirkt und eine Reihe experimenteller Hörspiele realisiert. Darüber hinaus ist er für verschiedene Rundfunkanstalten als Autor im Bereich klassischer und Neuer Musik tätig und ist Lehrbeauftragter für Klangkunst an der Akademie der Bildenden Künste München.

Siegfried Rössert spielte in einer Vielzahl von Rock- und Jazzbands sowie in Ensembles für Alte Musik, studierte Musikwissenschaft (Abschlussarbeit über Strawinsky). Er arbeitet als Komponist, Bassist, Sänger und Produzent. Konzerte gibt er im In- und Ausland. Er ist Mitbegründer der Gruppe "Engel Wider Willen". Neben Kompositionen für verschiedene Theaterproduktionen schreibt er auch Filmmusik und Hörspiele für diverse Sender. Er ist beteiligt an zahlreichen Fernseh-, Rundfunk- und CD-Produktionen.