ARD-Hörspieldatenbank


Ars acustica



Barry Bermange

Eidophusikon


Komposition: Barry Bermange

Redaktion: Markus Heuger


Regie: Barry Bermange

"Das Wort Eidophusikon" umschreibt den Akt der Imitation natürlicher oder physischer Phänomene. Dieser Prozess wurde von dem französischen Maler Philippe-Jacques de Loutherbourg (1740-1812) erfunden, der sich in England als Bühnenbildner für David Garrick niederließ. De Loutherbourgs "Eidophusikon" (Imitation der Natur) war eine Theaterpräsentation mit Lichtern und farbigen Gaze-Vorhängen, die bewegte Szenenbilder zeigten, die von musikalischen Geräuschen untermalt waren und zu unterschiedlichen Tageszeiten unterschiedliche atmosphärische Effekte erzielten. Mein eigenes "Eidophusikon" stammt aus grafischen und akustischen Quellen. Unter Verwendung eines Musik-Imitationsprozesses habe ich eine Serie grafischer Skizzen - Linien - und Gittermuster - entschlüsselt, die als Vorentwürfe für zukünftige Bilder des belgischen Künstlers Louis Peeters entstanden waren. Die neun Skizzen von Peeters geben unter Verwendung von neun Gesichtern der Natur als Modelle einen Eindruck von neun unabhängigen jedoch verwandten Artefakten wider. Die Skizzen scheinen nicht so sehr nach der physischen Form der neun Landschaftsmodelle zu suchen, sondern eher nach den zugrunde liegenden Strukturen, auf denen die neun physischen Formen ruhen. Die neun Peeters-Skizzen (Imitationen der Natur), stellen im wesentlichen Vorentwürfe für noch nicht realisierte Werke dar. "Eidophusikon" lässt ein Werk erahnen (wie meine Klangkomposition "Mirage Kino"), das sich im Zustand der Vorbereitung befindet, d.h. Skizzen oder Pläne von zukünftigen Werken, die noch nicht vollendet sind. Der kreative Prozess selbst ist einmal mehr das beherrschende Thema. Die verschlüsselten Peeters-Skizzen scheinen nach endgültigen Formen zu suchen, obwohl sie selbst entgültige Formen darstellen, die sich für eine akustische Imitation eignen. Die Muster und Linien sind der Natur nachempfunden - der Landschaft der Provence. Mein "Eidophusikon" sieht die Intervention in einen visuellen Prozess (meinen eigenen) vor, der mit imitierenden, akustischen Kräften komponiert wurde. Die Ästhetik der Imitation ist die Grundlage dieses Werks. Benutzt wurden dazu ein improvisierter Instrumentalprozess (Orchestra Povera), eine selbst angelegte Sammlung alter, billiger, manchmal zerbrochener Instrumente und komponierte Quellen mit Geräuschen und vokal-akustischen Aufnahmen. Wie auch die Skizzen von Peeters so ist meine neunteilige Klang-Komposition an sich ebenfalls der Vorentwurf für ein neues, in der Zukunft noch zu realisierendes Musikwerk, das - ursprünglich auf den neun grafischen Partituren von Peeters basierend - als eine Imitation von Musik, eine Imitation seiner selbst - komponiert wird." (Barry Bermange)

Barry Bermange, geboren 1933 in London ist ein international bekannter Autor und Regisseur in verschiedenen Medien. Der Grundtenor seines umfänglichen intermedialen Schaffens, der häufig als "magischer Realismus" bezeichnet wird, ist geprägt durch Themen der Entbehrung, der Isolation und Entfremdung. Sein erstes Bühnenstück "The Cloud" schrieb er 1964. Seine bis heute anhaltende Radioarbeit begann Mitte der 60er Jahre im BBC-Radiophonic-Workshop mit einer Reihe wegweisender Experimente. In seiner mit dem Ohio State Award ausgezeichneten Stimmenkomposition "Dreams" aus dem Radiozyklus "Four Inventions" entwickelte er unter Verwendung von Originalton-Aufnahmen und elektronischer Musik Entwürfe für eine Ästhetik der Akustischen Kunst im Radio. Als Theater- und Fernsehautor arbeitete er u.a. zusammen mit den Regisseuren Peter Brooks und Peter Lilienthal, für dessen Film "The Tramp" er als Drehbuchautor den Deutschen Kritiker-Preis erhielt. Als bildender Künstler, vor allem der Fotocollage, hatte er in internationalen Museen und Galerien zahlreiche Ausstellungen. 1968 beginnt die überaus produktive und mit Preisen ausgezeichnete Zusammenarbeit mit dem WDR. Für das Studio Akustische Kunst realisierte er als Autor-Regisseur neben dem aus dem Prix Ars Acustica des WDR hervorgegangenen Auftragswerk "Eidophusikon" u.a. die Klang- und Stimmenkompositionen "SOS", "Warcries/Kriegsschreie" (Karl-Sczuka-Preis), "Klänge am Mikrofon", "Radioville. Metropolis London" (Karl-Sczuka-Preis), "4 Channels", "Cielo y Tierra", "Instrumentarium" und "Mirage Kino" (Prix Ars Acustica des WDR).

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Mitwirkende

Musik: Barry Bermange (Instrumentalist)

 


Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Westdeutscher Rundfunk 2000 (Auftragsproduktion)

Erstsendung: 21.07.2001 | 28'34

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