ARD-Hörspieldatenbank

1

Originalhörspiel



Thomas von Steinaecker

Herzrhythmusgeräusche


Komposition: Simon Stockhausen

Redaktion: Katarina Agathos

Technische Realisierung: Wilfried Hauer, Regine Elbers


Regie: Thomas von Steinaecker

Eigentlich ist es ein ganz normaler Nachmittag für Richard Täubner. Nach dem Besuch von seiner Tochter, hängt er seinen Erinnerungen nach und erlebt - wie seit einigen Jahren täglich - einige Situationen wieder und wieder, die schönen wie die schrecklichen. Seine Jugend im oberfränkischen Hof, der Krieg, seine große Liebe, seine Karriere als Maschinenbauer, die Geburt seiner Tochter, der Tod seiner Frau. Es ist ein langes, erfülltes Leben, auf das Täubner zurück blickt, jedoch kein außergewöhnliches. Oder macht er sich da etwas vor? Schließlich hat Täubner eine unwahrscheinliche Begabung: sein phänomenales Gehör. Nur dieses ließ ihn den Krieg unbeschadet überstehen, nur dieses ließ ihn zum talentiertesten Ventilatorenhersteller in Bayern werden. Und auch sonst bestimmten vor allem seine Ohren sein Leben: der Klang der federnden Schritte seiner Frau Lissi, das Rattern seiner Ventilatoren, die Geräusche seiner Familie im Alltag - das alles verbindet sich in Täubners Kopf zu Melodie, zu kleinen Sinfonien, nach deren Rhythmus er lebt und funktioniert und jede kleinste Störung darin irritiert zur Kenntnis nimmt. Bis er eines Tages den Krebs hören kann, der im Körper von Lissi wütet. Wurde seine besondere Gabe damit nicht gleichsam zu einem Fluch, hat er mit seiner Geräuschempfindlichkeit seiner Familie nicht sogar das Leben zur Hölle gemacht und sich darüber hinaus stur geweigert, aus der Begabung Kapital zu schlagen? Täubner ist sich nicht mehr sicher, wie es wirklich war. Sein akustisches Gedächtnis lässt ihn sein eigenes Leben in immer neuen Varianten hören und nicht nur das - auch die geschichtlichen Ereignisse laufen in Täubners Ohren anders ab, als sie laut Geschichtslexikon und der "Stimmen des Jahrhunderts CD", die ihm seine Tochter geschenkt hat, gewesen sein sollen. Ist Täubner dabei, sich im Labyrinth seines Innenohrs zu verirren? Und dann ist an diesem Nachmittag auch noch eine penetrante Stimme da, die Täubner die ganze Zeit Fragen stellt, obwohl sie sowieso mehr über ihn zu wissen scheint, als er selbst.

Thomas von Steinaecker, geboren 1977, ist als Autor, Journalist und Literaturwissenschaftler tätig. Er veröffentlichte u.a. die Werke "Wallner beginnt zu fliegen" (2007), "Geister" (2008) und "Schutzgebiet" (2009). Im Jahr 2007 wurde er mit dem aspekte-Literaturpreis ausgezeichnet. Der BR produzierte 2007 sein Hörspiel "Meine Tonbänder sind mein Widerstand".

A
A

Mitwirkende

Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
Martin UmbachErzähler
Fred MaireTäubner
Gabriel RaabJunger Täubner
Katja BürkleAnnegret
Bettina RedlichElisabeth
Erich HallhuberVater
Elmar BrandtKohl/Reuter
Uli WintersGoebbels
Sabine Kastius
Stefan Kastner
Friedrich Schloffer
Tobias Schormann


 


1

Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Bayerischer Rundfunk 2010

Erstsendung: 30.05.2010 | 15:00 Uhr | 57'00


AUSZEICHNUNGEN


REZENSIONEN

  • N.N.: Preis der Autoren an Thomas von Steinaecker. In: dpa,10.05.2010, 12:21
  • Stefan Fischer: Trommelfellwirbel. Ein Hörspiel über einen Mann mit verwirrend guten Ohren. In: Süddeutsche Zeitung,29.05.2010,S.21
  • N.N.: Hörspiel des Monats Mai:"Herzrhythmusgeräusche". In: Funk-Korrespondenz,11.06.2010, S.30
  • Diemut Roether: "Herzrhythmusgeräusche" ist Hörspiel des Monats Mai. BR-Produktion von Thomas von Steinaecker und Bernadette Sonnenbichler. In: epd Medien,16.06.2010, S.20
  • Tina Klopp: Die Fiktion der Erinnerung. In: epd Medien, 17.11.2010, S.3
  • Eva-Maria Lenz: Doppelter Glücksfall. Thilo Reffert dominiert die ARD-Hörspieltage. In: Frankfurter Allgemeine, 16.11.2010

 

 

Dieses Hörspiel jetzt anhören ...

 
 

Korrekturvorschläge zu diesem Dokument?

Darstellung: