ARD-Hörspieldatenbank


Hörspielbearbeitung



Thomas Mann

Der Tod in Venedig (2. Teil: Die Zeit zerfiel)


Vorlage: Der Tod in Venedig (Novelle)

Bearbeitung (Wort): Ulrich Lampen

Komposition: Michael Riessler

Redaktion: Peter Liermann

Technische Realisierung: Julia Kümmel, Christoph Müller, Helmuth Schick

Regieassistenz: Stefanie Lorey, Christoph Müller


Regie: Ulrich Lampen

Die 1912 erschienene Novelle, zunächst als anspruchslose "rasch zu erledigende Improvisation und Einschaltung" gedacht, gerät im Lauf ihrer etwa einjährigen Entstehung zu einem beziehungsreich ausdeutbaren und mit reichlich allegorisierenden Todeskonfigurationen durchsetzten Hauptwerk Manns, das G. Lukács ein "Selbstgericht" nannte. Diese "Novelle gewagten, wenn nicht unmöglichen Gegenstandes", handelt vom ungestümen "Einbruch der Leidenschaft" in eine scheinbar gesicherte Existenz. Ein plötzlicher Drang nach Ferne und Freiheit lässt den 50-jährigen Schriftsteller Gustav von Aschenbach, der äußerlich "die leidenschaftlich strengen Züge" Gustav Mahlers trägt, nahezu fluchtartig zu einer Reise zunächst auf eine Insel vor der istrischen Küste, schließlich nach Venedig aufbrechen. In der stickigen und schwül-heißen Stadt herrscht eine von den Behörden vertuschte Choleraepidemie. Auf dem Lido begegnet Aschenbach dem zarten, aber kränklichen polnischen Knaben Tadzio, dessen apollinische Schönheit ihn sprachlos fesselt. Er strebt in seinen Gedanken zu ihm, steigert sich in eine unerfüllbare Liebe und gerät in das ausweglose Abenteuer einer "Entwürdigung eines hochgestiegenen Geistes" und verspielt damit, nach einem Wort Heinrich Manns, "was ihm das wünschenswerteste schien." Ohne seine eigene Intention zu verbergen, erklärte Thomas Mann später (1920 an Carl Maria Weber) Gustav von Aschenbachs Sehnen nach Tadzio: "Es ist das Problem der Schönheit, daß der Geist das Leben, das Leben aber den Geist als Schönheit empfindet", denn "der Geist, welcher liebt, ist nicht fanatisch ... er wirbt, und sein Werben ist erotische Ironie ...". Die von Luchino Visconti 1970 realisierte Verfilmung der Novelle, sicherlich ein ganz eigenständiges Werk, hat über lange Zeit die Rezeption des Buches überschattet. Dabei sind nicht unerhebliche Änderungen vorgenommen: so setzt der Film erst sehr viel später, eben mit der Ankunft in Venedig, ein und verwendet dialogische Rückblenden, in denen Aschenbach mit seinem Freund Alfried über Kunst und Schönheit streitet. Die Hörspielfassung bietet nun Gelegenheit, sich ganz am Wortlaut des Erstdrucks dieser homoerotisch aufgeladenen Verfallseuphorie zu orientieren.

Thomas Mann, 1875 in Lübeck geboren, erhielt für die "Buddenbrooks", 1901 erschienen, 1929 den Nobelpreis für Literatur. "Meine Bücher sind unverkennbar deutsch, bestimmt von deutscher Tradition, wie sonderbar immer diese Tradition darin abgewandelt scheinen mag." Dies gilt ebenso für die Fülle seiner Erzählungen und Aufsätze aus der Zeit in Deutschland, den Jahren im Exil und den Jahren nach der Rückkehr nach Europa. 1955 ist Thomas Mann in Zürich gestorben.

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Mitwirkende

Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
Ulrich NoethenErzähler
Rüdiger VoglerGustav von Aschenbach
Sylvester Groth
Jens Harzer
Oliver Kraushaar
Karina Krawczyk
Christian Redl
Helmut Stange

Musik: Vincent Curtois (Cello; Banjo)

 


Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Hessischer Rundfunk / Norddeutscher Rundfunk 2008

Erstsendung: 13.04.2009 | 78'04


VERÖFFENTLICHUNGEN

  • CD-Edition: Der Hörverlag 2009
  • CD-Edition: Der Hörverlag 2010 (Teil der Sammlung "Die großen Hörspiele")


REZENSIONEN

  • Markus Collalti: Anregung, nicht Deutung. In: Funk-Korrespondenz, 17.04.2009, S.34
  • Eva-Maria Lenz: Der Versuchung getrotzt. In: epd Medien, 25.04.2009, S.22

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