ARD-Hörspieldatenbank
Hörspielbearbeitung
Stifters Dinge
Nach Texten von Adalbert Stifter
Vorlage: Die Mappe meines Urgroßvaters (Erzählungen)
Bearbeitung (Wort): Heiner Goebbels
Komposition: Heiner Goebbels
Dramaturgie: Hans Burkhard Schlichting
Technische Realisierung: Willi Bopp, Hubert Machnik
Realisation: Heiner Goebbels
Der Dichter Adalbert Stifter (1805-1868), der ein "sanftes Gesetz" im Zusammenwirken von Menschen und Dingen sah, wurde oft restaurativ interpretiert. Heiner Goebbels schlägt eine andere Lesart vor. Stifters Respekt für die Dinge ließ ihn früh nach den Verhältnissen fragen, die außerhalb des Vertrauten und des Menschlichen liegen. Frühe ethnographische Originalaufnahmen konfrontieren uns mit fremden Stimmen außerhalb unserer kulturellen Ordnung und das Stöhnen der Motoren und das Zischen der Apparate einer Klang-Maschinerie werden für Heiner Goebbels zum Material eines Hörstücks, das die Lesung aus einem Text enthält, der Stifter lebenslang beschäftigt hat. Es ist die Eisgeschichte aus "Die Mappe meines Urgroßvaters". "Stifter verstand es wie kein anderer, die Aufmerksamkeit auf das Detail zu lenken und Natur zu beschreiben. Regentropfen, Nebelschwaden, das Geräusch von Steinen. Stifter schreibt so detailliert wie ein Maler malt, und wenn in den oft als langweilig empfundenen Passagen seiner Naturbeschreibungen die Handlung der Erzählung zurücktritt, so geschieht das aus Respekt gegenüber den Dingen: sie fordern vom Leser die Zeit, die ihre detaillierte Wahrnehmung notwendig macht - so als müsse der Leser, der durch den Text will, erst einmal selbst durch den Wald. Die Dinge und Materialien erzählen selbst, die Personen sind oft nur eingefügt und nicht souveräne Subjekte ihrer Geschichte. Mit Elementen von bewusster Entschleunigung und ritualisierter Wiederholung wird bei Stifter eine Modernität sichtbar, die in ihrer Radikalität heute dem Leser zeitgemäße Angebote macht." (Heiner Goebbels)