ARD-Hörspieldatenbank


Originalhörspiel



Raoul Schrott

Erste Erde Epos (7. Teil: Autopoiesis)


Redaktion: Herbert Kapfer

Technische Realisierung: Susanne Herzig, Josuel Theegarten

Regieassistenz: Stefanie Ramb


Regie: Michael Farin

Erste Erde Epos ist der Versuch eines modernen Epos in einer Zeit, in der aufgrund immenser Wissensbestände, unzähliger Forschungsdisziplinen und des Verlusts klarer religiöser Ankerpunkte die Gattung „Epos“ unmöglich scheint. Während sich der Mensch in zentralen europäischen Weltschöpfungsmythen noch im Gegenüber zu seinen Göttern situierte und darin alles festgehalten wurde, was über die Welt gesagt werden konnte, geht es Raoul Schrott darum, die Frage nach der humanen Tragweite unseres aktuellen Wissens von der Welt und ihrer Entstehung zu stellen. Dabei können Poesie und Bilderreichtum der Dichtung das anschaulich und emotional erfahrbar machen, wovon die Wissenschaft in abstrakter Terminologie redet. Der Musenbrunnen der Hippokrene auf dem griechischen Berg Helikon gilt seit jeher als inspirativer Quell der Poesie. Ob beim allerersten europäischen Dichter Hesiod, bei den Römern Vergil und Ovid oder in der Renaissance: wer dichten wollte, musste vom Wasser dieses Brunnens trinken. Dichtungstradition umfasst jedoch nicht nur im herkömmlichen Sinne Lyrisches – auch Lukrez, dessen naturwissenschaftliches Lehrgedicht De rerum natura dem Erste Erde Epos Pate steht, berief sich auf den Gang zu dieser Quelle. Ihm folgend, stellt Autopoiesis eine autopoetische Selbstvergewisserung dar. Das Wasser des Musenquells wird dabei aus seinem alten symbolischen Kontext gehoben und zu jener Substanz, in der die allerersten Lebensformen hervorgingen. Die ursprünglich aus dem Nahen Osten stammenden Musen werden dabei zu Figurationen dessen, wie Leben aus Stein, Erde und Wasser entstehen konnte. Und die unterschiedlich möglichen, nie ganz aufgehenden Definitionen von Leben lassen sich so mit dem abgleichen, was die Form eines Gedichts auch ist – eine Zelle von Worten, die das Außen in ein Innen verwandelt und ihren eigenen Stoffwechsel entwickelt; Dichtung, die Welt verarbeitet und uns dabei in ihr lebendig hält. Der biologische Begriff des Lebens als Autopoiesis entspricht darin dem der Auto-poetik: bei der naturwissenschaftliches Denken und poetisches Sprechen sich in eins bringen lassen.

Raoul Schrott, geb. 1964, ist Autor und Übersetzer. Für den BR produzierte er Hörspiele u.a. Hotels – Ein akustisches Tryptichon(gemeinsam mit Klaus Buhlert, 1995, Hörspiel des Jahres), Erfindung der Poesie (mit HR/ORF 1997), Gilgamesh (2001) und Tristan da Cunha (2003).

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Mitwirkende

Sprecher/Sprecherin
Tobias Lelle
Bibiana Beglau
Jens Harzer
Dagmar Manzel
Raoul Schrott


Jens Harzer bei den Hörspielaufnahmen | © br.de

Jens Harzer bei den Hörspielaufnahmen | © br.de

Jens Harzer bei den Hörspielaufnahmen | © br.de
Autor Raoul Schrott | © Bildnachweis: BR/Marc LaFlamme

Autor Raoul Schrott
© Bildnachweis: BR/Marc LaFlammeAutor Raoul Schrott
© Bildnachweis: BR/Marc LaFlamme



PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Bayerischer Rundfunk 2015

Erstsendung: 07.03.2015 | Bayern 2 | 43'14


VERÖFFENTLICHUNGEN

  • MP3-CD-Edition: Der Hörverlag 2016 (Oktober)


AUSZEICHNUNGEN


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