ARD-Hörspieldatenbank

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Hörspielbearbeitung



Claude Simon

Das Pferd


Vorlage: Das Pferd (Le cheval) (Erzählung, französisch)

Übersetzung: Eva Moldenhauer

Komposition: Ulrich Lampen, Steffen Schleiermacher

Dramaturgie: Andrea Oetzmann

Technische Realisierung: Andreas Völzing, Judith Rübenach

Regieassistenz: Constanze Renner


Regie: Ulrich Lampen

»Wir betrachteten das immer noch hinten im Stall auf der Seite liegende Pferd. Man hatte ihm eine Decke übergeworfen. Und es ragten nur seine Insektenbeine heraus, sein schrecklich langer Hals, an dessen Ende der Kopf hing, den auch nur zu heben es keine Kraft mehr hatte, knochig, zu groß mit seinen eingefallenen Backen, seinem nassen Fell, seinen langen gelben von den aufgeworfenen Lippen entblößten Zähnen. Nur das Auge schien noch zu leben, riesig, schmerzerfüllt, schrecklich, und von der glänzenden gewölbten Oberfläche widergespiegelt konnte ich uns sehen, unsere drei im Halbkreis verzerrten Silhouetten.«

Eine finstere Regennacht während des Zweiten Weltkriegs. Der Erzähler und sein Regiment, französische Dragoner, reiten gen Osten, Richtung Berlin. Hungrig, durstig, verstört vor Angst und Müdigkeit, beziehen sie Quartier in einem nordfranzösischen Dorf. Dort werden sie Zeuge des langsamen Sterbens eines verletzten Armeepferdes, in dessen Auge sich die Agonie des Krieges zu spiegeln scheint. »Das Pferd«, erstmals 1958 in der Zeitschrift »Les Lettres Nouvelles« veröffentlicht, ist eine frühe Verarbeitung des Flandern-Materials, das den Autor bis zu seinem großen Antikriegsroman »Die Straße in Flandern« von 1960 über Jahre beschäftigte. In diesem erinnert er an das militärische Desaster Frankreichs von 1940, das ihn als Kavalleristen beinahe das Leben gekostet hätte. Mit dem Motiv der unschuldig leidenden Kreatur verarbeitet Simon das Grauen des Krieges und zollt zugleich der Natur, ihrer Schönheit und Wahrhaftigkeit, seinen Respekt.

Claude Simon (1913–2005), geboren in Tananarive/ Madagaskar, ist Vertreter des »Nouveau Roman«, der in seinen Romanen mit herkömmlichen Erzählformen und chronologischen Abläufen bricht. 1985 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Im Jahr 2002 erschien auf Deutsch »Die Trambahn«. Claude Simon starb in Paris.

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Mitwirkende

Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
Christian RedlErzähler
Jakob DiehlClaude
Timo WeisschnurMaurice
Lukas HupfeldWack
Christian KlischatBruder
Jannek PetriLeutnant
Martin EnglerBär
Katja BrüggerWirtin
Berthold ToetzkeWirt
Mario FuchsLeclerc
Barbara Nüssedie Alte


"Das Pferd", nach der gleichnamigen Erzählung von Claude Simon, Maurice (Timo Weisschnur) | SWR/Monika Maier

"Das Pferd", nach der gleichnamigen Erzählung von Claude Simon, Maurice (Timo Weisschnur) | SWR/Monika Maier

"Das Pferd", nach der gleichnamigen Erzählung von Claude Simon, Maurice (Timo Weisschnur) | SWR/Monika Maier
"Das Pferd", nach der gleichnamigen Erzählung von Claude Simon, Claude (Jakob Diehl) | SWR/Monika Maier
"Das Pferd", nach der gleichnamigen Erzählung von Claude Simon, Claude (Jakob Diehl, li.) und Maurice (Timo Weisschnur, re.) | SWR/Monika Maier

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"Das Pferd", nach der gleichnamigen Erzählung von Claude Simon, Claude (Jakob Diehl, li.) und Maurice (Timo Weisschnur, re.)
SWR/Monika Maier"Das Pferd", nach der gleichnamigen Erzählung von Claude Simon, Claude (Jakob Diehl, li.) und Maurice (Timo Weisschnur, re.)
SWR/Monika Maier



PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Südwestrundfunk 2018

Erstsendung: 22.04.2018 | SWR2 | 67'55


REZENSIONEN

  • Stefan Fischer: Tote Zeit. In: Süddeutsche Zeitung vom 20.04.2018. S. 27.

Darstellung: