ARD-Hörspieldatenbank

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Originalhörspiel



Martin Mosebach

Das Wasser in Capri


Dramaturgie: Peter Liermann

Technische Realisierung: Helmuth Schick, Ursula Potyra

Regieassistenz: Christoph Müller


Regie: Norbert Schaeffer

Wenn man von einer "aufgewühlten Volksmenge" spricht, vergleicht man die Menschenansammlung mit einem vom Sturm bewegten Meer. Die Menschen sind darin die Wassertropfen und schwappen hin und her, heben sich wie Wellen und Gischt daraus hervor und platschen in das Wasser zurück, um wieder darin aufzugehen. Eine Geschichte, in der das Wasser und die Hoffnungen der Menschen auf das Wasser die Hauptrolle spielen, soll erzählt werden, indem die von ihren Erwartungen erregte Menschenmenge gleichsam zu einer Wassermasse wird. Dem Hörspiel "Das Wasser in Capri" liegt ein authentischer Vorfall zugrunde. In den frühen fünfziger Jahren trat auf der quellen- und brunnenlosen Insel Capri, die mit der wachsenden Touristenschar häufig unter Wassermangel litt, ein Unternehmer auf, der allseits seine Überzeugung kundtat, auf der Insel durch Bohrungen auf eigene Wasserressourcen stoßen zu können. Das "Prinzip Hoffnung" schlug bei seinen Zuhörern alsbald in vollständige Gewissheit um: was so begehrt war, konnte einfach nicht ausbleiben. Der Unternehmer zog mit seiner Familie auf die Insel und begann dort, mit zahlreichen Freunden und Anhängern Hof zu halten. Die örtliche Kaufmannschaft war gern bereit, mit Blick auf die Zukunft die Suche nach dem Wasser großzügig zu kreditieren. Als nach langwierigen Bohrungen aus großer Tiefe schließlich mit Müh und Not eine bitter salzige Flasche Wasser hervorgepumpt werden konnte, nahm der Unternehmer schnell Reißaus. Inzwischen waren die Vorbereitungen schon weit gediehen, das Wasser durch Leitungen vom Festland herbeizuführen. Im Hörspiel tritt der Unternehmer, der Barone, nicht auf. Es sind überhaupt keine Individuen, die sich äußern. Alle Phasen der Hoffnung, der Erwartung, des Misstrauens, des Neides, in die die kollektive Seele der Bevölkerung gerät, drücken sich in rhythmisierten Monologen aus, die in Variationen ähnlicher Formeln sprachlich vorwegnehmen, worum sie kreisen: um rinnendes, tropfendes, sprudelndes, spritzendes Wasser.

Martin Mosebach, geboren 1951 in Frankfurt am Main, lebt seit dem Studium der Rechte als freier Schriftsteller in seiner Geburtsstadt. Er schreibt Romane, Drehbücher, Essays und kunsthistorische Aufsätze. Zuletzt erschien "Die Türkin". "Das Wasser in Capri" ist sein drittes Hörspiel für den HR.

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Mitwirkende

Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
Susana Fernandes-GenebraErstes Mädchen/Sie
Franziska von FischerZweites Mädchen/Nachrichtensprecherin
Friedrich von BülowErster alter Mann/Erster Konservativer/Der Hörende
Wolfgang HöperZweiter alter Mann/Zweiter Konservativer/Der Fühlende
Heinz MeierDritter alter Mann/Dritter Konservativer/Der Schmeckende
Caterina TippmannDrittes Mädchen/Vermieterin/Die Sehende
Oliver BaierlErster junger Mann/Dritter Beobachter
Felix von ManteuffelDer Künstler
Gerd AndresenDer Weinhändler/Zweiter Händler
Klaus BarnerDer Schullehrer/Zweiter Politiker
Heinrich SchmiederZweiter junger Mann/Er
Henning SchimkeDritter junger Mann/Der Fischhändler/Erster Händler
Rosemarie GerstenbergErste Hausfrau/Zweites altes Weib/Informantin/Drittes Weib
Karin SchröderZweite Hausfrau/Drittes altes Weib/Erstes Weib/Die Riechende
Elke TwiesselmannDritte Hausfrau/Erstes altes Weib/Zweites Weib
Walter GontermannProfessor/Dritter Politiker
Gottfried BreitfußZipfinger/Erster Beobachter
Berthold ToetzkeDevelopper/Erster Politiker
Heinrich GiskesDer Neid ische/Dritter Händler


 


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Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Hessischer Rundfunk 2000

Erstsendung: 12.11.2000 | 14:05 Uhr | 53'44


REZENSIONEN

  • Eva-Maria Lenz: In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 11.11.2000. S. 50.
  • Götz Schmedes: In: Funk-Korrespondenz. 48. Jahrgang. Nr. 47. 24.11.2000. S. 36.

Darstellung: