ARD-Hörspieldatenbank


Ars acustica



Bernhard König

... della lingua perfetta

Ricercar für Stimmen und Streichquartett



Realisation: Bernhard König

Grundlage der Radiokomposition "Ricercar" von Bernhard König sind historische Texte, die dem Buch "La ricerca della lingua perfetta nella cultura europea" von Umberto Eco entnommen sind: Zeugnisse vom alten Menschheitstraum, die babylonische Vielfalt der Sprachen rückgängig zu machen oder zu relativieren. Dieser Gedanke wird auf drei akustischen Ebenen verfolgt: einem vorproduzierten Tonband, einer Vokalpartie für die Sängerin Alexandra Naumann und einer Musik für Streichquartett, die in Zusammenarbeit mit dem Verdi-Quartett entsteht. Das Tonband bewegt sich in einem Grenzbereich von Musik und Sprache: Geistig behinderte Sprecher unterschiedlicher Nationalität versuchen wechselseitig ihre Sprachen zu imitieren. Dabei werden diese Sprachen zunehmend verfremdet und verwandeln sich allmählich in eine "imaginäre Universalsprache", deren "Bedeutung" sich freilich nicht über Vokabeln und Inhalte, sondern allein über den Klang erschließt. Die Vokalpartie als zweite akustische Ebene konfrontiert diesen Traum von der Universalsprache mit seinem krassen Gegenstück: mit den Äußerungsformen von Schwerstbehinderten , die in ihren sprachlichen Möglichkeiten extrem eingeschränkt sind - mit ganz und gar "hermetischen" Sprachen also, die jeweils nur von einem einzigen Menschen gesprochen und bestenfalls von seinen engsten Angehörigen verstanden werden. Als dritte Ebene der Komposition tritt die des Streichquartetts hinzu, die die Themen der beiden anderen Ebenen - Verständigung, Hermetik, Isolation, Dialog, Imitation - in die abstrakte und zugleich körperliche Sprache der Instrumentalmusik übersetzt und damit eine Mittlerfunktion zwischen Sprache und Tanz einnimmt.

Bernhard König, geboren 1967, studierte Komposition bei Mauricio Kagel. Im Mittelpunkt seiner kompositorischen Arbeit steht die Konzeption von Experimenteller Gebrauchsmusik und die Erweiterung des gewohnten Konzertrahmens. Dabei nimmt seine Musik gesellschaftliche räumliche, funktionelle Gegebenheiten und Zusammenhänge auf. Seit 1991 gab es zahlreiche Aufführungen in den Bereichen Konzert, Theater, Film und Hörspiel. 1994 war er Initiator des "Ersten Kölner Staukonzerts". Er ist auch Künstlerischer Leiter der Veranstaltungsreihe "Stumme Filme - Neue Musik" im Stadtgarten Köln. 1995 kam es zur Uraufführung der Science - Fiction - Oper "Expedition zur Erde" am Theater Potsdam. 1997 erhielt er einen Drehbuchauftrag des ZDF ("Das kleine Fernsehspiel"). 1998 war er Mitbegründer des Kölner "Büros für Konzertpädagogik". Bundesweit arbeitet er als Leiter für Workshops und als konzertpädagogischer Berater. 1999 erhielt er Lehraufträge der Rheinischen Musikschule Köln ("Neue Musik für Instrumentalanfänger") und der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf ("Musikdramaturgie im Fernsehen"). Er war Künstlerischer Leiter der "Nacht der Heiligen Zahlen", einem sechsstündigen Kirchenspektakel mit Tanz, Lesungen, alter Chormusik und neuer Kammermusik. 2000 gab es die Neuinszenierung von "Expedition zur Erde" an der Staatsoper Stuttgart, dazu eine CD-Produktion der Deutschen Grammophon in Zusammenarbeit mit WDR und SWR. 2001 arbeitete er an der Konzeption einer Tanztheater-Performance für den Plenarsaal des Mainzer Landtages. Bernhard König erhielt Stipendien und Förderpreise des Evangelischen Studienwerkes, des "Wiener internationalen Kompositionswettbewerbes" und der Stadt Köln.

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Mitwirkende

Ensemble: Verdi-Quartett

Musik: Alexandra Naumann (Singstimme)

 


Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Westdeutscher Rundfunk 2002

Erstsendung: 07.09.2002 | 45'28

Darstellung: