ARD-Hörspieldatenbank
Originalhörspiel
Und an jenem Tag zum drittenmal
übersetzt aus dem Japanischen
Übersetzung: Siegfried Schaarschmidt
Regie: Hans Gerd Krogmann
Dieses Hörspiel, das 1972 den Preis des Verbandes der japanischen Hörfunkautoren erhielt, ist kennzeichnend für zwei japanische Traditionen, die es bei uns nicht gibt. Da ist zum einen die Technik des alten No-Spiels, die wir aus Filmen wie "Rashomon" kennengelernt haben: Ereignisse wiederholen sich, aber derart entgegengesetzt, dass nach europäischer Logik nur das eine wahr sein kann und alles andere folglich falsch sein muss. In der japanischen Literatur aber sind Wahrheit und Traum, Realität und Irrealität von derselben Qualität der Erfahrung, der Mensch steht am Schluss vor der (buddhistischen) Erkenntnis, dass er nicht durch den Mayaschleier sehen kann, europäisch gesagt: er weiß von einer höheren Warte, von der aus die Widersprüche sich auflösen, er kennt diese Warte aber nicht. In diesem Hörspiel geht es um ein Erlebnis, das in der Psychologie als Deja-vu- Effekt bekannt ist. Dreimal erlebt ein Angestellter den gleichen Tag, dreimal sucht er die verfehlte Bekanntschaft mit einem Mädchen zu seinen Gunsten zu ändern - was einmal mit dem tödlichen Unfall des Mädchens endet, dann wieder mit dem lebensgefährlichen Unfall des Mannes. Und beide Fälle hat der Arzt behandelt, dem gegenüber der Mann sich ausspricht - der Arzt tippt auf Geistesstörung und muss, in die Praxis zurückgekehrt, denselben Deja-vu-Effekt erleben. Zum anderen ist da gegenüber europäischer Tradition der Werdegang des Autors. Tausende von Amateuren veröffentlichen jährlich in Haiku-Zeitschriften (Haiku - japanischer Dreizeiler) einige ihrer Produkte. Dichten ist ein populäres Hobby und wird schon in der Volksschule geübt.
Shoji Matsushita, Jahrgang 1928, ist Direktionsassistent bei einer Telefongesellschaft in Tokio. Er schrieb seit seinem 7. Lebensjahr, ohne je nach Publikum zu drängen. Aber 1971 gewann er den "Erzählerpreis für Angestellte", den eine der größten Tageszeitungen ausgeschrieben hatte. "Da fiel mir vor zehn Jahren ein Buch in die Hand: "Einführung in die Methode, Funk- oder Fernseh-Skripte zu schreiben" ... Was mich zu diesem Hörspiel veranlasste: das seltsame Gefühl, das man in der Firma hat, wenn man Tag für Tag am gleichen Platz mit den gleichen Leuten die gleichen Gespräche hat. Das kommt einem doch gespenstisch vor, als könnte man im voraus sagen, was morgen passiert" (aus einem Briefwechsel zwischen Matsushita und seinem Übersetzer). (Pressetext)