ARD-Hörspieldatenbank

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Originalhörspiel



Harun Farocki

Das große Verbindungsrohr

Der Titel dieses Hörspiels ist mehrschichtig. "Das große Verbindungsrohr" handelt von der Verbindung von Kohle und Erz, den beiden Grundrohstoffen der Stahlerzeugung. Erzählt wird in einer Montage aus Originalzitaten die Geschichte von dem Verbindungsrohr, das in den zwanziger Jahren erfunden wurde, um wertvolle Energie zu sparen und dem Produktionsprozeß wieder zuzuführen: Bislang hatte man das brennbare Gichtgas über den Hochöfen einfach "abgefackelt", d. h. ungenutzt gelassen, und entsprechend war man mit dem bei der Koksherstellung frei werdenden Gas verfahren. Folge der neuen Erfindung war eine ungeahnte Steigerung der Produktivität. Farockis Hörspiel schildert weiter die vielfältigen und komplizierten Verbindungen zwischen Schwerindustrie, Wirtschaft und Politik in der Weimarer Republik. Die von Harun Farocki zu einer Geschichte historischer Abläufe und Zusammenhänge montierten Texte sind, so Farocki, "Positionen zugeordnet, nicht Personen. Während die Personen hinter den Wörtern keine Körper haben, haben die Texte ein Eigenleben. Nach dem Vorbild der Faktografie - Zusammensetzung disparater Blöcke aus der Realität - setze ich sie so zusammen, daß eine sie durchlaufende Linie sichtbar wird. Ich wählte die fiktionale Form aus zwei Gründen: Einmal kommt es darauf an, solche Stoffe als legitime der Literatur durchzusetzen. Daß Arbeit funktional in einem Stück vorkommt, nicht illustrativ. (Arbeit charakterisiert nicht die Menschen, sie bestimmt sie.) Daß Maschinen ihre Entwicklungsromane haben, mit Folgen nicht nur für den Hörer. Zweitens: Der Modellcharakter, den die fiktionale Darstellung hat. Es ergibt sich eine andere Art der Evidenz als bei einer wissenschaftlichen Studie. Eine fiktionale Ordnung ist auch für den Nichtwissenschaftler ein Modell, das nicht nur für den angewandten Fall gilt." (Harun Farocki) (Pressetext)

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Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Westdeutscher Rundfunk 1976

Erstsendung: 12.04.1976 | 75'15

Darstellung: