ARD-Hörspieldatenbank


Porträt



Mira Alexandra Schnoor

"Ich schreibe für mich und Fremde"

Ein Porträt von Gertrude Stein in Fragmenten


Technische Realisierung: Christine Gamel


Realisation: Julian Doepp, Mira Alexandra Schnoor

"Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose" lautet der berühmteste Satz von Gertrude Stein (1874-1946), eine der am meisten parodierten oder zitierten Satzstrukturen der Literaturgeschichte. "Ich glaube", sagte die amerikanische Dichterin später, "dass in diesem Satz zum ersten Mal in der englischen Dichtung der letzten hundert Jahre die Rose wirklich rot ist." Stein revolutionierte Anfang des 20. Jahrhunderts die Literatur - befreite die Wörter aus den Fesseln der Bedeutung und setzte die übliche Interpunktion außer Kraft. Auf Erzählkonventionen wie die Struktur eines Textes mit Anfang und Ende, Handlungssträngen und Figurenpsychogrammen verzichtete sie. Das Porträt von Mira Alexandra Schnoor setzt sich aus vielen Einzelteilen zusammen, darunter Opernszenen und Originaltöne von Lesungen Gertrude Steins. Mit ihrer klaren Stimme war sie die ideale Interpretin ihrer Werke, wie Aufnahmen aus den 30er Jahren dokumentieren. Die Rhythmik und Schönheit ihrer Sprachkompositionen erschließen sich, ähnlich wie bei Lautpoesie, ganz nur im gesprochenen Vortrag. So war es nicht überraschend, dass viele Komponisten Stein vertonten oder von ihrer Ästhetik beeinflusst wurden. Auch die Avantgarde der bildenden Künste ist eng mit ihrer Person verknüpft. Mit ausgeprägtem Selbstbewusstsein, Wollsocken und Sandalen an den Füßen, hielt Gertrude Stein Hof in ihrem Pariser Salon, entdeckte und förderte die Maler des Kubismus, deren Ästhetik sie in ihren Texten umzusetzen versuchte, und wurde zur "Mutter der Moderne". Den Unterschied zu ihrem Konkurrenten James Joyce brachte Pablo Picasso auf den Punkt: "Joyce ist der Unverständliche, den jedermann verstehen kann." Stein interessierte sich nicht dafür, verstanden zu werden. Statt dessen schuf sie eine Sprache, die für ihre Zeit völlig neu war - und kreierte dabei ihre eigene Legende: "Einstein war der schöpferische Geist des Jahrhunderts und ich bin der schöpferische literarische Geist ..." In ihrem Porträt von Gertrude Stein versammelt Mira Alexandra Schnoor Splitter und Fragmente eines Lebens, die wie zufällig ein Bild ergeben.

Mira Alexandra Schnoor wurde 1962 in Manchester geboren. Sie hat u.a. die BR-Sendungen "kennen sie mich herren? Werkstattbericht zu Ernst Jandl" (1990, mit Herbert Kapfer), die Hörspielcollage "Lady Lazarus" (1994, nach Sylvia Plath) sowie Porträts über Rudolf Noelte (1999), Raoul Schrott (2001) und Herman Melville (2002) verfasst.

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Mitwirkende

Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
Gert HeidenreichErzähler
Kornelia BojeGertrude Stein 1
Kai TaschnerZitator Leo Stein
Alexander DudaZitator Hemingway
Axel WostryZitator
Andreas NeumannTitelsprecher
Krista PoschGertrude Stein 2


 


Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Bayerischer Rundfunk 2004

Erstsendung: 27.09.2004 | 57'55


REZENSIONEN

  • Stefan Fischer: Süddeutsche Zeitung. 27.09.2004. S. 19.

Darstellung: