ARD-Hörspieldatenbank
Hörspielbearbeitung
Die chinesische Mauer
Vorlage: Die chinesische Mauer (Schauspiel)
Bearbeitung (Wort): Helene Schmoll
Komposition: Hans-Martin Majewski
Regie: Ludwig Cremer
Der schweizer Dichter Max Frisch treibt seinen Spaß mit dem Raum-Zeit-Begriff, indem er ihn spielerisch überwindet. Der Anachronismus, mit dem man früher nur komische Effekte bezweckte und erzielte, wird von Frisch zum tragischen Motiv erhoben. Es klingt wie eine halbe Entschuldigung, wenn der Dichter sein Stück eine "Farce" nennt, ein Stück also, das mehr ist, als es zu sein vorgibt. Es ist die dichterische Absage an die Gewalt, das Plädoyer für die Aufrichtung eines Reiches der Wahrheit, in dem es nicht länger mehr eine chinesische Mauer der Heuchelei, der Tyrannei und des beschränkten Dünkels gibt. Die Kernhandlung des Stückes spielt im Reich der Mitte vor dreitausend Jahren zu den Zeiten des Ersten Erhabenen Kaisers Tsi Sche Hwang Ti, genannt der Himmelssohn, der, ein geborener Wasserträger, sich usurpatorisch in dem Besitz der Macht gesetzt hat, die er mit Tyrannengewalt ausübt. Die Kräfte des Widerstandes gegen seine Herrschaft sind in der Gestalt des Dichters und Hofnarren Min Ko, das heißt: "Mund des Volkes", verkörpert, der zugleich dadurch, daß er das Spiel als moderner Erzähler und Reporter begleitet, die Raum- und Zeitlosigkeit der Problematik betont (s. Kindlers Literaturlexikon).