ARD-Hörspieldatenbank
Originalhörspiel
Liebe
Komposition: Peter Zwetkoff
Technische Realisierung: Peter Jochum, Elisabeth Fritz
Regie: Hans Drawe
"Die Deutschen verstehen nichts von Liebe" behauptet der Türke 0ktay. Nachts, irgendwo auf der Straße, trifft er das Mädchen Katrin und verliebt sich in sie. Und er, der sensible, poetische Türke, beginnt um sie zu kämpfen, er kämpft gegen ihre moralischen Bedenken, gegen ihre Vorbehalte, ohne sich als Türke zu verleugnen. Das Klischee, ein Orientale sei ein besitzergreifend Liebender, entfaltet hier eine eigene Wahrheit. In Oktays besitzergreifender Art zu lieben drückt sich die Unbedingtheit eines Gefühls, das Absolute der Liebe aus. Die Gesellschaft aber, die das Verhältnis zwischen dem ungeliebten, allenfalls geduldeten Fremden und dem zudem noch unehelich geborenen Mädchen Katrin durch und durch mißbilligt - sie liebt weder die Liebe noch in ihr den anderen. Sie kann sich eine "besitzergreifende" Beziehung nur nach ihren eigenen Denkrastern interpretieren: als nackte Lust am Besitz und an der Verfügungsgewalt über Dinge und Menschen. Absolut setzt sie nicht das Grenzenlose, die Liebe, sondern ihre eigene Beschränktheit, ihre Ordungsvorstellungen, in denen der Fremde und das Andere keinen Platz haben. Hier macht der Begriff "pervers", d.h. ver-kehrt wirklich Sinn. Karl Günther Hufnagel entlarvt nicht nur Vorurteile. Er zeigt Liebe als unser Problem. Und er zeigt sie selbst, einfach und lapidar, so einfach wie der Titel ist, den er seinem Hörspiel gab.