ARD-Hörspieldatenbank

Originalhörspiel



Andrea Geißler

Hyperbolische Körper


Komposition: Ulrike Haage

Redaktion: Leonhard Koppelmann


Regie: Ulrike Haage

Sofia Kowalewskaya und Maryam Mirzakhani waren die größten Mathematikerinnen ihrer Zeiten: Sofia (geb. 1850 in Moskau) wurde 1884 die weltweit erste Professorin für Mathematik in Stockholm; Maryam (geb. 1977 in Teheran) war Professorin in Stanford und wurde als erste Frau mit der höchsten Anerkennung in der Welt der Mathematik, der Fields-Medaille, ausgezeichnet. Liegen auch die Forschungsgebiete der beiden einzigartigen Frauen weit auseinander – Kowalewskaya beschäftigte sich u.a. mit Bewegungsgleichungen eines besonderen Kreisels, des nach ihr benannten Kowalewskaya-Kreisels, während Mirzakhani herausragende Beiträge in der hyperbolischen Geometrie leistete – finden sich in ihrer beiden Biografien indes erstaunlich viele Parallelen – beide überwanden große Hindernisse, um in die geschlossene Männerwelt der Mathematik Eingang zu finden, beide heirateten jeweils ebenfalls erfolgreiche Forscherpersönlichkeiten, jede wurde bald Mutter einer Tochter – und beide starben mit knapp 40 Jahren. Die Autorin Andrea Geißler hat sich nun gefragt, was sich diese beiden herausragenden Frauenpersönlichkeiten zu sagen hätten, wenn sie aus ihren Zeiten heraus und miteinander ins Gespräch treten könnten. Zu welchen mathematischen Utopien sie wohl gemeinsam in der Lage wären? Und ob sie nicht gemeinsam die Grenzen überwinden könnten, die ihnen zu Lebzeiten gesetzt waren?

Ulrike Haage, die Regisseurin und Komponistin des Hörspiels, dazu: "Wir haben uns gefragt, wie ein Kreisel in vier Dimensionen klingen könnte. Der Kowalewskaja-Kreisel ist ein mathematisches Konstrukt. Er dreht sich über drei Achsen und dabei wird seine taumelnde Bewegung zeitlich erfasst. Die Berechnungen sind also Fragmente einer Bewegung, zeitlich begrenzte Ausschnitte tanzender Zufälle. Berechnete Unberechenbarkeit. Um den Klang eines solchen Kreisels nun hörbar zu machen, baute Philipp Fiedler ein Dreifachpendel, das ähnlich gewichtet ist wie der Kreisel Kowalewskajas. Die Maschine ergibt zufällige Rotationsbewegungen, die die Bewegung eines starren Körpers um einen festen Punkt nachzeichnen. Neben dem leisen Rollen der Kugellager sind es vornehmlich die Windströmungen, die den Fluss der Bewegung andeuten und hörbar machen.“

Andrea Geißler, geboren 1986, studierte Jüdische Studien und Islamwissenschaft in Heidelberg und Jerusalem, anschließend Dramaturgie in Frankfurt am Main. Sie schreibt und inszeniert Stücke in verschiedenen Kollabora-tionen, zuletzt »RUTHNOTRUTHNORUTHNOTRUTH« an den Landungsbrücken in Frankfurt am Main. Derzeit promoviert sie über Affinitäten zwischen dem europäischen Harlekin und der arabischen Halqa-Praxis. »Hyperbolische Körper« ist ihr Hörspieldebüt.

Ulrike Haage, geboren 1957 in Kassel, bewegt sich an den Schnittstellen von Jazz, Avantgarde, klassischer Musik und Literatur. Neben ihrer Arbeit als Komponistin, Autorin und Regisseurin von preisgekrönten Hörspielen, schreibt sie Filmmusik („Grüsse aus Fukushima“, „Berlin 1945_Tagebuch einer Großstadt“) und ist als Solopianistin tätig. Ihre letzten Hörspielarbeiten sind „True Stories“ (BR2, 2019), „A Funeral March for the First Cosmonaut“ (DLF KULTUR, 2019), “Sprache, mein Stern. Hölderlin hören“ (RBB, DLF KULTUR 2020).

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Mitwirkende

Sprecher/Sprecherin
Jasmin Tabatabai
Valery Tscheplanowa


Jasmin Tabatabai spricht die Rolle der Maryam Mirzakhani. | © HR/Anke Beims

Jasmin Tabatabai spricht die Rolle der Maryam Mirzakhani. | © HR/Anke Beims

Jasmin Tabatabai spricht die Rolle der Maryam Mirzakhani. | © HR/Anke Beims
Jasmin Tabatabai (Maryam Mirzakhani) und Ulrike Haage (Regie, re.) | © HR/Anke Beims
Ulrike Haage (Regie, li.) und Valery Tscheplanowa (Sofia Kowalewskaya). | © HR/Anke Beims
Kreiselkonstruktion | © Philipp Fiedler
Kreiselkonstruktion | © Philipp Fiedler

Kreiselkonstruktion
© Philipp FiedlerKreiselkonstruktion
© Philipp Fiedler



PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Hessischer Rundfunk 2020

Erstsendung: 28.06.2020 | hr2-kultur | 45'37


AUSZEICHNUNGEN


REZENSIONEN

  • Stefan Fischer: Rotationen. Mathematik als ein Modell für Feminismus: Ein Hörspiel. In: Süddeutsche Zeitung vom 27.06.2020. S. 40.
  • Alexander Matzkeit: Perfekte Körper. In: epd medien. Nr. 29. 17.07.2020. S. 31.

Darstellung: