ARD-Hörspieldatenbank
Hörspielbearbeitung
Boxerpoet
Vorlage: Boxerpoet (Prosa, französisch)
Übersetzung: Pierre Gallissaires, Hanna Mittelstädt
Technische Realisierung: Wolfgang Karreth, Daniela Röder
Regieassistenz: Christiane Klenz
Realisation: Grace Yoon, Roman Bunka
Dieses Hörstück arbeitet mit Texten Arthur Cravans, der "während des Krieges um die Welt reisen mußte und ständig gezwungen war, seine Nationalität zu wechseln, um der menschlichen Dummheit zu entgehen" (Francis Picabia). Von Beruf "Hochstapler, Seemann, Mauleseltreiber, Orangenpflücker, Schlangenbeschwörer, Hoteldieb, Neffe von Oscar Wilde, Holzfäller, Boxchampion, Chauffeur usw. usw." (Cravan), schrieb er über die "Seele des Menschen im zwanzigsten Jahrhundert", meist in seiner selbstverlegten 'Revue littéraire'. Cravan war da, bevor Dada war, eröffnete unser Jahrhundert mit der Rehabilitierung des Temperaments, forderte den damaligen Boxweltmeister Jack Johnson heraus, der ihn in der ersten Runde k.o. schlug, und verschwand 1920, 33jährig, im Golf von Mexiko. Außer seiner Prosa und den Artikeln aus seiner Mini-Zeitung 'Maintenant' werden Briefe an die Eltern verwendet, die Cravan während seines Aufenthalts im Internat schrieb. Die Tanzschritte der Boxer geben diesem Hörspiel rhythmische Struktur, frei nach dem Motto Cravans: "Ich will mich nicht zivilisieren!" Der Schauspieler Martin Wuttke und der Saxophonist David Murray haben Texte und Stimmungen gemeinsam im Hörspielstudio in mehreren Runden improvisiert und er-spielt.
Arthur Cravan wurde als Fabian Avenarius Lloyd 1887 in Lausanne geboren. Als 16jähriger brannte er nach Amerika durch, einige Jahre später war er Chauffeur bei Siemens in Berlin; 1899 ließ er sich in Paris nieder und verkehrte in Künstlerkreisen. Nach Ausbruch des 1. Weltkrieges reiste er nach Frankreich und Portugal, New York und Kanada. Er heiratete die englische Dichterin Mina Loy, ging nach Mexiko, wo sich seine Spur 1920 im Golf von Mexiko verlor.
David Murray, der im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen nicht die Musik John Coltranes, sondern die von Sonny Rollins zum Ausgangspunkt seiner eigenen Kompositionen nimmt, lebt in Paris. Seine Musik und sein Spiel sind mit einem mächtigen Ton ausgestattet, sein individueller Stil löste in den 80er Jahren eine Diskussion um die Neubewertung der Jazz-Tradition aus. Murray spielt in unterschiedlichen Ensembles, z.B. dem David-Murray-Trio, dem World-Saxophone-Quartett oder auch größeren Formationen.