ARD-Hörspieldatenbank

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Hörspielbearbeitung



Hannah Höch

Weiter in die Nacht.

Terminkalender 1937-1939


Vorlage: Terminkalender

Bearbeitung (Wort): Herbert Kapfer

Komposition: Helga Pogatschar


Regie: Helga Pogatschar

Ein Hörstück für Sprechstimme und Streichquartett in acht Sätzen, mit den Titeln Erster Unfall, Zweiter Unfall, Fluchtversuch, Dritter Unfall, Vierter Unfall, Fünfter Unfall, Sechster Unfall, Benzin. In den späten 1930er Jahren ist die Künstlerin Hannah Höch mit ihrem damaligen Ehemann Kurt Heinz Matthies, der als Vertreter vor allem Maschinenbau- und Rüstungsunternehmen aufsucht, oft monatelang im Auto unterwegs. Täglich viele Stunden unterwegs durchkreuzen sie das von den Nationalsozialisten beherrschte Deutschland, übernachten in Privatzimmern, Hotels oder mit dem Wohnwagen auf Rastplätzen. In ihren Terminkalendern hat Hannah Höch, die diese Reisen vor allem für Malereien, Skizzen und Naturbeobachtungen nutzt, die Stationen und Erlebnisse stichpunktartig festgehalten. Landstraßen- und Autobahnfahrten durch Nacht und Nebel, Erschöpfungszustände, Stadtbesichtigungen, Besuche der Ausstellung Entartete Kunst in mehreren Städten – und immer wieder: Autounfälle. Vieles bleibt Andeutung – Familiäres, Privates, aber auch die Schicksale verfolgter Freunde. Der Text des Hörstücks beginnt im Mai 1937, „weg von Berlin“, „nach Dresden, weiter bis Stuppen“, und endet im September 1939: „Jammer! Krieg!!! Jammer! Deutschland steht im Krieg mit Polen.“ Weiter in die Nacht steht wie eine Art Metapher für die Finsternis der Zeit. Es ist das Bild bzw. die Nachtaufnahme einer nomadenhaften, von Unrast getriebenen Künstlerexistenz in einem Land, das dem politischen Untergang, der europäischen Zerstörung und der Shoah zutreibt. Hannah Höch gilt heute als wohl bedeutendste deutsche Künstlerin der klassischen Moderne. Sie entwickelte mit Raoul Hausmann während der Berliner Dada-Periode die Fotomontage und produzierte in der Folgezeit Collage- Serien und Klebearbeiten. Gleichzeitig entstand ihr umfangreiches malerisches Werk, das von Dada bis zur lyrischen Abstraktion in der Nachkriegszeit reicht. Im September 1939 erwarb Hannah Höch in Heiligensee, am Nordrand Berlins, ein ehemaliges Flugwärterhäuschen, in dem sie völlig zurückgezogen die Kriegsjahre verbrachte. Als Sammlerin gelang es ihr, dort ein einzigartiges und umfangreiches Archiv mit Werken, Korrespondenzen und Publikationen zur literarischen und künstlerischen Avantgarde zu verbergen und vor dem Zugriff der Nazis und vor Kriegszerstörungen zu bewahren. Hannah Höchs Terminkalender, die den Ausgangspunkt für das Hörstück bilden, sind veröffentlicht in der insgesamt sechs Bände umfassenden Archiv- Edition Hannah Höch. Eine Lebenscollage, herausgegeben vom Künstlerarchiv der Berlinischen Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Photographie und Architektur.

Hannah Höch, geboren in Gotha 1889 und gestorben 1978 in Berlin, absolvierte eine Ausbildung zum Kunstgewerbe in Berlin. Sie beteiligte sich an Dada-Berlin und erfand mit Raoul Hausmann die Fotomontage. Sie hinterließ ein umfangreiches Werk an Collagen, Gemälden und Zeichnungen, u.a. die Serie "Aus einem ethnographischen Museum". Seit Mitte der 1950er Jahre werden ihre Werke an zahlreichen internationalen Ausstellungen gezeigt.

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Mitwirkende

Sprecher/Sprecherin
Judith Adlhoch
Katharina Franck

Ensemble Musik: Pelaar Quartett

Musik: Joe Rappaport (Violine), Luciana Beleaeva (Violine), Gunter Pretzel (Bratsche), Graham Waterhouse (Violoncello)

 


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Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Bayerischer Rundfunk 2014

Erstsendung: 31.10.2014 | 21:03 Uhr | 65'31


REZENSIONEN

  • Angela di Ciriaco-Sussdorff: Quer durch Land und Zeiten. In: Funkkorrespondenz. Nr. 45. 07.11.2014. S. 31.

 

 

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