ARD-Hörspieldatenbank
Originalhörspiel
Übergang über die Beresina
Eine Audioarchäologie
Technische Realisierung: Günter Heß, Angelika Haller
Regie: Ulrich Gerhardt, Günter Heß
Hauchdünn, fast durchsichtig, gelbbraun, eingerissen und gewellt. Das sind 17 Schallplattenfolien des Berliner Amateur-Tontechnikers Jürgen Tradt, die Ulrich Gerhardt auf einem Berliner Flohmarkt fand, 500 Meter von Hitlers Führungsbunker entfernt. Tradt war 1941/42 etwa 22 Jahre alt, er war Berliner, er war Soldat an der Ostfront - und er hatte ein Hobby: Er stellte Tonaufnahmen her mit Hilfe eines Schallplatten-Schneidegeräts Marke Contiphon. Die Realisatoren haben das Mögliche getan, um das zum Teil stark beschädigte Material zu restaurieren, die Tondokumente wieder hörbar zu machen: "Das gelang nur in dem Maße, als es die Summe von Fragmentarischer Aufnahme, deformiertem Material und bruchstückhafter Abspielung zuließ." Zwei Platten zerbrachen nach einmaliger Wiedergabe. Die archäologische Enthüllung dieser "readytapes" ließ ein doppelt-subjektives, aufregendes Porträt der deutschen Kriegsjahre 1941/42 entstehen; in der absichtslosen Aufnahmemethode und in der Realisation nach dem Prinzip der Aleatorik spiegeln sich eine Gleichzeitigkeit der Ereignisse und eine Gegensätzlichkeit der deutschen Sprachgesten wieder: 50 Jahre später bestürzend und wie die Tonsignale eines Jahrtausends anmutend, das wie die Schallplattenfolien in die Brüche ging.