ARD-Hörspieldatenbank
Ars acustica
größer minus größer
Lautkomposition aus Collagen von Herta Müller
Vorlage: Lyrik
Komposition: Michael Lentz, Josef Anton Riedl
Redaktion: Herbert Kapfer
Technische Realisierung: Susanne Herzig, Michael Heilrath
Regie: Michael Lentz, Anton Josef Riedl
Anders als in Riedls früheren Lautkompositionen überwiegt in größer minus größer die improvisatorische Ausgestaltung des ausgewählten Materials. Unter der Regie von Josef Anton Riedl und Michael Lentz modulierten die beiden Sprecher Michael Hirsch und Michael Lentz bislang unveröffentlichte Collagen-Gedichte von Herta Müller artikulatorisch in Lautgedichte: Einzelne Wörter, Sätze und ganze Gedichte wurden zerdehnt, extrem beschleunigt, in Silben und Einzellaute ,zerpflückt', in Vokal- und Konsonantenreihen zerlegt, zu rhythmischen Figuren gruppiert, semantisch und phonetisch variiert, gestottert, repetiert, neu kombiniert. Vorgegeben waren jeweils bestimmte Haltungen, Affekte, rhythmische Muster und anzuzielende Vorstellungen der klanglichen Realisation wie zum Beispiel: "singend", ohne zu singen; mit ganz tiefer Stimme; mit der Stimme eine Geschichte erzählen; so schnell wie möglich; so langsam wie möglich; auf einer Stimmtonhöhe; dialogisch; die Zeilen abtasten, ohne sie vorzulesen; den anderen überbietend; den anderen begleitend; flüstern; ohne Stimmton; fast nicht hörbar; mit permanent wechselnder Stimmtonhöhe. Die jahrzehntelangen Erfahrungen der Sprecher in der Aufführung von Riedls Lautgedichten und Lautkompositionen wirkten auf die solchermaßen gelenkten Improvisationen maßgebend ein, es bildeten sich für Riedl stilbildende Strukturen, Rhythmen und Reihungen heraus. Auf diese Weise entstanden Soli, Duette und - durch die Überlagerung auch unterschiedlicher Duett-Versionen - Quartette, teils auf der Grundlage desselben simultan artikulierten Collagen-Gedichts, teils wurden zwei oder mehrere verschiedene Gedichte auf die beschriebenen Weisen in einer Sequenz gesprochen. Die Aufnahmen für größer minus größer sind vom 06.10.2013 bis zum 10.10.2013 im Haus des Komponisten Josef Anton Riedl in Murnau entstanden und Ende November von Michael Lentz, nach gemeinsamen Strukturvorgaben von ihm und Riedl im Bayerischen Rundfunk zur vorliegenden Lautkomposition verarbeitet worden.
Josef Anton Riedl, geboren ca. 1929 in München, ist Komponist. Er studierte an der Münchner Musikhochschule. Ab den 1950er Jahren schuf er Kompositionen mit elektronischen und konkreten Klängen. 1959–1966 war er Leiter des Siemens Studios für elektronische Musik. 1960 war er Mitbegründer der Veranstaltungsreihe Neue Musik München/Klang-Aktionen. 1974–1982 übernahm er die Leitung des Kulturforums der Stadt Bonn, 1998–2010 verantwortete er Programm und Organisation für musica viva in München. Zu seinen Werken zählen u.a. "Stück für Schlagzeug 51" (1951), "Frühe elektronische Musik – Studie I, II" (1954), "Paper Music" (1961/68/70/80), "Silphium II für Donner-, Wind- und Regengeräusche" (1972), "Metallophonic Raum – Klangwerkstatt" (1974/1976), "Mix Fontana Mix I" (1974/76), "Glas-Spiele" (1975/77), "Klang-Exkursion für in der Natur gefundene Materialien" (1979), "Zeichnen – Klatschen/Zeichnen – Zeichnen" (1979/81), "Radiophonie Vielleicht ist es so" (1984), "c.e. oder conclama- tum est" (2009).