ARD-Hörspieldatenbank
Hörspielbearbeitung, Ars acustica
Lenz
Eine zweisprachige Stimmenkomposition nach Büchner
übersetzt ins Englische
Sprache des Hörspiels: englisch
Vorlage: Lenz (Erzählung)
Übersetzung: Tarcisius Schelbert, Hedwig Rappolt
Komposition: Semih Firincioglu
Realisation: Linda Mussmann
Seit dem Frühjahr 1835 beschäftigte sich Georg Büchner mit seiner Erzählung "Lenz", in der der Aufenthalt des Schriftstellers Jakob Michael Reinhold Lenz (1751-92) im vogesischen Steintal festgehalten wird. Lenz erschien dort Anfang 1778 mit allen Anzeichen einer psychotischen Erkrankung. "Büchner entwirft ein umfassendes, detailreiches Psychogramm von Lenz, dessen Dichte, Expressivität und Genauigkeit in der deutschen Literatur ohne Vorbild ist." Anders als Goethes distanzierte Haltung, die dieser in "Dichtung und Wahrheit" zum "Fall Lenz" einnimmt, horcht Büchner der Innenwelt des psychotischen Dichters Lenz nach, dessen wechselnde Wahrnehmungsformen und Bewußtseinszustände er poetisch beschreibt. Die New Yorker Theaterdirektorin und Autorin Linda Mussmann übersetzt dies mit medienspezifischen Mitteln in ihre, weit über die üblichen Radio-Adaptionen hinausgehende, akustische Stimmenkomposition "Lenz". Gefühlverstärkend benutzt die Autorin ein im Drama oder der Ballade bevorzugtes Stilmittel: den Wechsel von indirekter Rede bei Büchner in die direkte Rede ihrer beiden Protagonistinnen Claudia Bruce und Brigitte Swinston. Ein Verfahren, das Linda Mussmann bereits in ihrer akustischen Realisation "Dantons's Death" virtuos eingesetzt hat. "Hören Sie denn nicht die entsetzliche Stimme, die um den ganzen Horizont schreit, und die man gewöhnlich die Stille heißt? Seit ich in dem stillen Tal bin, hör ich's immer, es läßt mich nicht schlafen?" Für den Psychotiker schweigen die Stimmen nicht. Der "Riß" in seiner Sprachwelt, den Linda Mussmann durch zwei simultane Textsequenzen immer wieder hörbar macht, wird durch die Zweisprachigkeit der Radiokonzeption (deutsch/englisch) betont.