ARD-Hörspieldatenbank
Hörspiel
Das tägliche Brot
(Le Pain de ménage)
Übersetzung: Cornelia Hasting
Technische Realisierung: Karlheinz Stoll, Waltraud Gruber
Regieassistenz: Uwe Schareck
Regie: Otto Düben
Ein Salon auf dem Lande. Pierre und Marthe sind allein. Seine Frau sitzt am Bett der kleinen Tochter, ihr Mann schläft bereits. Es ist die Stunde für intime Geständnisse. Doch es gibt nichts zu beichten: Beide sind mustergültige und treue Eheleute, die nie in Versuchung waren, ihre Gatten zu betrügen. An diesem Abend begehen sie Ehebruch - als Gedankenspiel. Pierre übernimmt die Rolle des galanten Verführers, der mit ihr fliehen will: bis ans Ende der Welt, mindestens. Marthe sorgt für Ernüchterung: Ihr Abenteuer würde in Marseille enden. "Ich traue Ihnen ohne Schwierigkeiten zu, daß Ihr lyrischer Elan diese Strecke übersteht. Aber dort, nach einer Nacht im Hotel..." Am Ende gibt er ihr einen Handkuß, und beide gehen zu ihren Ehegatten der Alltag der Liebe hat sie wieder. - Wichtiger als die Pointen ist die erotische Spannung zwischen den Sätzen. Es sind Liebesgefechte, ebenso süß wie gefährlich, zwischen gleichrangigen Partnern. Hier gibt es weder Sieger noch Verlierer. Und am Ende, wenn die Zeit vorbei ist, ein formvollendeter Handkuß. Jules Renard, 1864 in Châlons-sur-Mayenne geboren und 1910 in Paris gestorben, arbeitete zunächst ohne feste Berufsabsichten als Advokatengehilfe, Hauslehrer und Jurist. Ab 1886 gelang es ihm, zu publizieren. Er war Mitbegründer und Teilhaber des "Mercure de France", verfaßte ab 1895 erfolgreich Theaterstücke, Novellen und Romane und wurde 1907 Mitglied der Academie Goncourt. André Gide nannte ihn einen Klassiker und Jean-Paul Sartre bewunderte seinen lakonisch-brillanten Stil. Tucholsky an eine Freundin: "Ich müßte Dir den halben Renard abschreiben - manches habe ich beinah wörtlich so empfunden und auch geschrieben."
