ARD-Hörspieldatenbank
Feature
Dass die Stimme wieder durch die Knochen fliesse
Rundfunk und Hörspiel in Paraguay
Technische Realisierung: Udo Schuster, Anne Anderer
Regie: Johannes Hertel
Mit dem Ohr am Radio klingt Paraguay spanisch, obwohl amtliche 90 Prozent der Landbevölkerung das indianische Guarani, beziehungsweise ein mit Spanismen erweitertes "Jopara" zu sprechen pflegen. Das Bild der Realität hinter dieser Praxis verrät, daß die Tradition vom Guarani als "Sprache der Lümmel" wohl immer nocht gilt. Spanisch, selbst wenn man unverstanden bleibt, verkörpert Macht, und wenn heute der in Paraguay zum größten Teil von Werbung lebende Funkbetrieb die Landessprache ebenfalls weitgehend ignoriert, dann wird bei den betreffenden Hörern auch nicht allzuviel Kaufkraft abzuschöpfen sein. Diese sublime und häufig unbewußte Verbindung mit der Macht hatte den Rundfunk auch unter dem 1989 gestürzten Diktator Stroessner geprägt. Eine Art Mediendiktatur war entstanden, bei der, ganz dialektisch, freiheitliche Inputs zu unterdrückerischen Outputs führten. Einfacher ausgedrückt: Jede anklagende Radiomeldung über staatliche Willkürakte schreckte Opposition ab anstatt sie anzuregen. Wenn der weite Begriff erlaubt ist, dann mag die Form auch als Hörspiel figurieren - Hörspiel real mit gesellschaftlichen Folgen. Das alte, bloß unterhaltende "radio teatro" geht jetzt, nach seiner Blütezeit in den 50er Jahren, vielleicht neuen Höhepunkten entgegen, womöglich auf Guarani.