ARD-Hörspieldatenbank
Hörspiel
Unscharf
Technische Realisierung: Günter Beckmann, Suse Wöllmer
Regieassistenz: Waltraud Heise
Regie: Hans Rosenhauer
Das Foto kennt inzwischen die ganze Welt: diese durch den Schnee hetzende Gestalt, den einen, grotesk verklumpten Fuß im Schritt oder Sprung erhoben, die Arme beinahe wie zum Flug ausgebreitet, der Leib, der mehr Schatten zu sein scheint als Pelz oder Fell, der Schädel mit den dunklen Höhlen, wo die Augen zu vermuten sind, und gleich darunter, als habe dieses Wesen keine Nase, dem weit aufgerissenen, lippenlos erscheinenden Mund oder Maul. Es ist das einzige Foto des legendären Schneemenschen und verhalf seinem Fotografen zu weltweiter Berühmtheit. In einem RadioInterview enthüllt er die Geschichte der Expedition in die Gletscherfelder des Annapura, zu der ihn der Wissenschaftler Balsinger,ein fanatischer Yeti-Forscher, eingeladen hatte. Wochenlang, ja monatelang war er hinter Balsinger hergestapft, die Kamera unter der wattierten Jacke verborgen, jeden Moment bereit, auf den Auslöser zu drücken. Sie waren bereits auf dem Rückweg, als sich endlich die Gelegenheit bot. Klepp machte sein berühmtes Foto, ein wenig verwackelt, ein wenig unscharf, den Umständen entsprechend. Aber Balsinger, der die Expedition nicht überlebte, hat es nie zu Gesicht bekommen. Er nahm das Geheimnis des Yeti mit in sein Grab, ins ewige Eis des Annapura.
