ARD-Hörspieldatenbank
Originalhörspiel
Von der sphärischen Trigonometrie - Die letzte Reise des Grafen Potocki
Technische Realisierung: Rolf Knapp, Ulrike Koch
Regieassistenz: Günter Maurer
Regie: Walter Adler
Jan Graf Potocki, Begründer der slawischen Archäologie, Geograph und Geometer, Dramatiker, Jakobiner, Piratenjäger und Luftschiffer, erforschte die Wurzeln der turcotatischen Mundarten, die Geheimsprachen der tscherkessischen Priester, erfand eine Geldprägemaschine, eine neue Methode der hebräisch-syrischen Synopsis. Nebenbei einen Roman: "Die Handschrift von Saragossa". Der Sechsundfünfzigjährige verbringt den 20. November 1815 auf seinem Besitztum Uladowka in Podolien. Die Zwillingsschwestern Emina und Camilla, zur Konversation abgestellt, haben es mit einem störrisch-melancholischen Mann zu tun, der sein Ende kommen sieht, aber noch am selbigen Tag "die höhere Geometrie" beginnen will. Der Geometrie verpflichtet ist auch die seltsame Tätigkeit Potockis: er feilt am Knopf eines Samowars. Die Kugel ist ihm Zeichen der Progression des Verfalls: vom Sinussatz zur Arcustangenkurve. Rückblickend tauchen alte Begegnungen auf aus den Zeiten seiner internationalen Reputation, Erinnerungen an verstiegene Unternehmungen aus dem Geist vernunftfroher Tüftelei. Am Ende ist der Knopf vom Samowar abgebrochen und so klein gefeilt, daß er in den Lauf eines Revolvers paßt.
Christine Wunnicke, geboren 1966 in München, ging dort zur Schule. Von 1985-91 studierte sie Linguistik, Mittelhochdeutsch und Psychologie in Berlin. Seit 1991 ist sie Sachgebietsleiterin in der Generalverwaltung der Max-Planck-Gesellschaft in München.