ARD-Hörspieldatenbank

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Essay



Michael Langer

Ein ungeheures Kanalsystem!

Brechts Radio-Utopien von gestern & Möglichkeiten von heute


Redaktion: Herbert Kapfer

Technische Realisierung: Günter Heß, Angelika Haller


Regie: Michael Langer, Carl-Ludwig Reichert

Radio! Bert Brecht war seinerzeit restlos begeistert. 1932 schrieb er: "Der Rundfunk wäre der denkbar großartigste Kommunikationsapparat des öffentlichen Lebens, ein ungeheures Kanalsystem, das heißt, er wäre es, wenn er es verstünde, nicht nur auszusenden, sondern auch zu empfangen, also den Zuhörer nicht nur hören, sondern auch sprechen zu machen und ihn nicht zu isolieren, sondern ihn in Beziehung zu setzen." Grau aber ist alle Radiotheorie, wenn die Praxis anders aussieht. Daß seither nichts daraus wurde, den Konsumenten zu einem Produzenten zu machen, ist bekannt. Das Mitmachen beschränkt sich etwa auf die Rolle des Studiogastes im TV, per ferngesteuerter Akklamation, per TED entscheidet der Zuschauer daheim, was er schön oder schön blöd findet; oder er schaltet - einzige interaktive Maßnahme! - gleich aus oder um. Zu mehr hat es bislang nicht gereicht. Daran ändern im Grunde auch die wenigen offenen Kanäle nichts, die der Staat seinen Bürgern gestattet. Ist Radio dabei wirklich nicht mehr als eine Call-In-Show? Brechts Rundfunk-Euphorie liest sich heute, als hätte er gerade das Medium Computer samt Internet entdeckt: Wozu noch 'einen' Rückkanal, wenn es zahllose Kanäle gibt!? - so die Verheißung. Das Netz der Netze sei kein Massendistributionsmedium mehr, sondern ein Medium der Massen, wo nicht nur einer an alle sendet, sondern alle an alle und viele an einen und wer weiß nicht an noch wen? - Brecht hätte mit Sicherheit seinen account gehabt und würde ihn auch nutzen ...

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Mitwirkende

Sprecher/Sprecherin
Udo Wachtveitl
Bettina Stummeyer
Michael Habeck
Jürgen Jung


 


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Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Bayerischer Rundfunk 1998

Erstsendung: 26.01.1998 | 54'10

Darstellung: