ARD-Hörspieldatenbank
Originalhörspiel, Science Fiction-Hörspiel
Frischwärts in die große Weite Welt des totalen Urlaubs
Ein Social-Science-Fiction-Hörspiel
Komposition: Friedrich Scholz
Technische Realisierung: Volker Schlingmann, Schumacher
Regie: Alfred Behrens, Friedrich Scholz
Überfüllte Reiseziele und verseuchte Natur haben aus früherem Urlaubsboom konsequente Massen-Urlaubsverweigerung werden lassen. In einer von der deutschen Touristikbranche in Auftrag gegebenen Untersuchung bemängelte die Mehrheit der Befragten die fehlende Übereinstimmung zwischen Urlaubswirklichkeit und hochglanzretuschierten Werbeversprechen. in dem Bewußtsein, tiefblauen Meeres und blutroter Sonnenuntergänge ohnehin nicht mehr habhaft werden zu können, haben sie sich vom Urlaub zurückgezogen und sind in die innere Emigration gegangen. Unter den Noch-Reisenden gibt es eine überproportional hohe Zahl von Urlaubern mit latenten Selbstmordtendenzen, denen die moderne Massentouristik die große Chance bietet, im schnellen Unfalltod, dem langsamen Abgastod oder dem generellen Umwelttod das ersehnte Ende zu finden. Wenn der Trend anhält, ist zu befürchten, daß es in absehbarer Zeit den tradierten Urlaub nicht mehr geben wird. Zunehmend läßt sich eine Verhaltensverschiebung in Richtung Konzeptualisierung erkennen, bei der nicht mehr das Produkt selbst, der Urlaub, konsumiert wird, sondern sein Image, das hinter dem Produkt stehende Konzept. Der Urlaub der Zukunft wird nicht mehr in der ersten Realität, der Natur, stattfinden, sondern nur noch in der zweiten, der seiner multimedialen Abbildung. Zur Bewältigung der Absatzschwierigkeiten gelte es, den Konzeptvorstellungen der Urlaubsverweigerer zu folgen und eine völlig neue Marktstrategie zu entwickeln: Ersatz der Wirklichkeit durch suggerierte Erlebnisse, der multimedial strukturierte, lebensraumsparende Konzepturlaub im eigenen Heim mittels Video, Bildplatte und Hochglanzmagazinen mit Bildern von menschenleeren Stränden, malerischen Altstädten und Kastanettenklängen, die die Branche zusammen mit im Leasingverfahren angebotenen Abspielgeräten, UV-Bräunern, Pizza-Öfen und dergleichen in eine neue Phase der Prosperität führen könnte. Indem er seinem Hörspiel die Form einer Werbepräsentation gibt, gelingt es Alfred Behrens, die Strategien der Werbebranche und ihrer Auftraggeber mit Hilfe ihrer eigenen Verfahrensweisen zu denunzieren. (Pressetext nach Horst G. Tröster: Science Fiction im Hörspiel 1947-1987. Hrsg. vom Deutschen Rundfunkarchiv. Frankfurt am Main 1993)
Das Sendedatum bezieht sich auf die Ursendung beim Norddeutschen Rundfunk.