ARD-Hörspieldatenbank

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Ars acustica



Clarence Barlow

Zero Crossing


Komposition: Clarence Barlow

Redaktion: Markus Heuger


Regie: Clarence Barlow

Clarence Barlow zu seiner Klangkomposition: "Wußten schon die alten Griechen, dass die Erde rund ist, so dauerte es bis zur allgemeinen Verbreitung dieser Erkenntnis noch knapp zweitausend Jahre. Seitdem ist der Aufwand zur Überwindung großer Entfernungen, der früher Wochen, später immer noch Stunden oder zumindest hohe Telefongebühren kostete, auf wenige Mausklicks geschrumpft. So gesehen hat die einst mühsam erkannte Erdkugelform an Relevanz verloren. Unsere vom Computer geprägte Erfahrung der "globalisierten" Erde hat sich vom physisch ertastbaren Globus an sich weitgehend gelöst. Zum Zeitwechsel 1999/2000 dokumentierte ich eine physische Umrundung des Erdballs. Die vom 23. November 1999 bis zum 11. Februar 2000 (zufällig) genau 80 Tage dauernde Reise führte von und nach Köln durch 17 ausgewählte Flughäfen über die britischen Inseln, Nordamerika, den Südpazifik, Austral-Asien und Indien. Zur Hervorhebung des besagten Zeitwechsels folgte der Einleitung des Jahres 2000 auf Neukaledonien ein östlicher Flug über die Datumsgrenze, zurück ins Jahr 1999 nach Tahiti, zur erneuten Begrüßung des neuen Jahres. Der Zeitberechnung diente folgende Tatsache: Die Erde dreht sich um 360 Grad um ihre Achse in genau 23 Stunden, 56 Minuten und 4,1 Sekunden (ein Sternentag). Vom Zeitpunkt null Uhr am 1. Januar 2000 ausgehend wurde auf Sterntagbasis die Uhrzeit für jeden Reisetag - zeitlich vor - und rückwärts - in der jeweils gegebenen Zeitzone ermittelt, zu der die Erdausrichtung den Sternen gegenüber gleich bleibt. Jeden Tag wurde zur selben Sternzeit eine (zwischen 4- und 20-minütige) digitale binaurale Tonaufnahme gemacht, deren Inhalt meistens vor Ort kurzfristig entschieden wurde. Insgesamt sind mehr als zehn Stunden digitales Tonmaterial auf diese Weise entstanden. Aus diesem Material wurde eine 40-minütige akustische Komposition erstellt, die die oben dargestellte Erdertastung klanglich-zeitlich beschreibt. Der Titel des Stücks, Zero Crossing (zu deutsch "Nulldurchgang"), bezieht sich sowohl auf die Gestaltung der aufgenommenen Schallwellen als auch auf die reisebedingte physische Überquerung räumlicher und zeitlicher Schwellen wie des Greewich-Nullmeridians (einmal), des Äquators (zweimal), der Datumsgrenze (dreimal) und - nicht zuletzt - jener zur Nullstunde des Jahres 2000 (zweimal). Der Zuhörer hat so den Eindruck, durch Raum und Zeit nahtlos zu gleiten.

Clarence (Klarenz) Barlow, geboren 1945 in Kalkutta/Bengalen, studierte von 1968 bis 1973 Komposition an der Musikhochschule Köln bei B.A. Zimmermann und K. Stockhausen. 1971 begann seine Auseinandersetzung mit Computermusik. Von 1973 bis 1975 hielt er sich in Indien auf mit Vortragsreisen und Dirigaten: er beschäftigte sich mit indischer Musik. Zum Studium elektronischer Musik hielt er sich in Utrecht (1971-72), Stockholm (1973) und Paris (1981) auf. Ab 1982 war er wiederholt als Dozent bei den Darmstädter Ferienkursen tätig. Seit 1984 ist er Lehrbeauftragter für Computermusik an der Kölner Musikhochschule. 1986 war er Mitbegründer der Kölner Vereinigung GIMIK (Initiative Musik und Informatik Köln e.v.). Er lebt seit 1968 in Köln.

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Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Westdeutscher Rundfunk 2001 (Auftragsproduktion)

Erstsendung: 28.04.2001 | 23:05 Uhr | 40'54

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