ARD-Hörspieldatenbank
Essay
Moby Medial
Rezeptionsgeschichte und Medialität eines Romans
Technische Realisierung: Christine Gamel
Regieassistenz: Stephanie Samesch
Realisation: Carl-Ludwig Reichert
Viele kennen die Geschichte von Moby-Dick, aber nur wenige haben Melvilles genialen Roman vom weißen Wal tatsächlich gelesen, schon gar nicht in der ungekürzten Fassung. Die erste deutsche Übersetzung erschien 1927 und glaubte noch, auf den weltberühmten ersten Satz verzichten und allerhand Weitschweifiges auslassen zu können. In Italien und Frankreich ging man etwas sorgfältiger mit dem Text um, den Cesare Pavese 1932 und Jean Giono 1939 übertrugen. Dann aber ereilte Moby-Dick ein Schicksal, das jedes Stück Weltliteratur treffen kann: er wurde zum Jugendbuch abgekocht und als Torso beliebt und berühmt - natürlich auch im Comic. 1930 kam der erste Tonfilm von Lloyd Bacon, 1956 schuf John Huston die wohl definitive Verfilmung des Stoffes, das Fernsehen bereitete ihn zuletzt 1998 wieder auf. Ein Popsänger namens Moby durchsurft die Ätherwellen. Derzeit ist Moby-Dick als umstrittene Neuübersetzung in Buchform, als Hörbuch und als DVD-Video greifbar, allerdings noch nicht als Computerspiel für Playstation oder Nintendo. Die Rezeptionsgeschichte von Moby-Dick spiegelt auch ein Stück Mediengeschichte wider.
Carl-Ludwig Reichert, geboren 1946 in Ingolstadt, ist Autor, Musiker und Rundfunkmoderator. Er ist Mitglied der Musikgruppen Sparifankal und Dullijöh. Für den BR schrieb er u.a. die Hörspiele "bas auf, da depp head zua" (1971, mit Michael Furth), "Beat" (1989), "Cut Up Burroughs" (1989), "turba philosophorum" (1991), "nachts.wach." (1996)