ARD-Hörspieldatenbank

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Feature



Bernadette Sonnenbichler

Weltberühmt und ungelesen

Robert Musils "Mann ohne Eigenschaften"


Technische Realisierung: Wilfried Hauer, Angelika Haller

Regieassistenz: Martin Trauner


Realisation: Bernadette Sonnenbichler

"Dieses Buch ist ein Monstrum, eine Foltermaschine, es lädt zu einer Lektüre ein, die ein Selbstmord, ein Selbstmord beim Lesen ist", schrieb der Autor und Regisseur Jean-François Peyret einmal über Robert Musils Jahrhundertroman "Der Mann ohne Eigenschaften". Tatsächlich empfinden viele Leser Musils Hauptwerk in seinem ausschweifenden, ironischen Stil als sperrig und unbequem. Umfangreicher als die Bibel und dennoch Fragment geblieben, ziert das Buch unzählige Bücherregale nicht nur im deutschsprachigen Raum. Zur Hand genommen wird es jedoch wenig. Nur selten finden sich unerschrockene, eifrig-disziplinierte Leser, die Musil und seiner Hauptfigur Ulrich von der ersten bis zur letzten Seite - über zahllose essayistische Exkurse hinweg - folgen. Und noch bevor er in den Ozean der im Grunde recht ereignisarmen Geschichte eintaucht, weiß der Leser bereits, dass er nie in den Genuss einer gänzlichen Auflösung all der begonnenen gesellschaftlichen und psychologischen Verstrickungen kommen wird, da der Tod Robert Musils im Jahr 1942 die Vollendung verhinderte. Ist also Musils kurz vor seinem Tod geäußerter Wunsch, der Roman wäre "noch ungedruckt und noch zu schnüren und zu beschneiden", der Schlüssel dazu, weshalb der Nachwelt ein nahezu unlesbares, einzigartiges Meisterwerk vermacht wurde? Oder liegt es doch an den Lesern, die der Ideenwelt Musils einfach nicht gewachsen sind? Musil selbst war der Meinung, dass die deutschen Leser nicht mehr lesen können. Und die sich dennoch mit seiner Literatur beschäftigten, seien nichts mehr als "ein kleiner Kreis von Hypersensiblen, die keine Realitätsgefühle mehr - nicht einmal perverse haben, sondern nur literarische Vorstellungen davon". Woran liegt es also, dass dem Weltruhm des Buches fast gleichberechtigt die totale Unkenntnis über dessen Inhalt zur Seite steht? Gespräche mit deutschen und österreichischen Experten, Philologen, Autoren, Schauspielern, Germanisten, Bibliothekaren und vielen anderen sollen etwas Licht ins Dunkel bringen. "Literatur ist ein kühner, logischer kombiniertes Leben. Ein Erzeugen oder Herausanalysieren von Möglichkeiten. Sie enthält das Noch-nicht-zu-Ende-Gekommene der Menschen, den Anreiz seiner Entwicklung am Brennen." (Robert Musil)

Bernadette Sonnenbichler, geb. 1982, ist Regiestudentin am Max-Reinhardt-Seminar.

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Mitwirkende

Sprecher/Sprecherin
Bernadette Sonnenbichler
Detlef Kügow


 


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Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Bayerischer Rundfunk 2004

Erstsendung: 15.11.2004 | 52'19

Darstellung: