ARD-Hörspieldatenbank
Originalhörspiel
Ich bin schon nicht mehr hier
Hörspiel mit Gedichten und Briefen von Theodor Kramer
Komposition: Anne Wiemann
Dramaturgie: Holger Rink
Technische Realisierung: Peter Nielsen, Heike Langguth, Margitta Düver
Regieassistenz: Janine Lüttmann
Regie: Daniela Kletzke
Als am 13. März 1938 ein gemütlicher österreichischer Kommentator beschrieb, wie das "kerndeutsche Wien" die Wehrmachtssoldaten begrüßte, hat ihm möglicherweise auch Theodor Kramer am Radiogerät zugehört. Theodor Kramer ist zu diesem Zeitpunkt 41 Jahre alt, ein aktiver Wiener Sozialist jüdischer Herkunft. Anfang der 1930er Jahre erscheinen seine Gedichte in Prager, Berliner und Wiener Zeitschriften und werden im Rundfunk gelesen. Am 9. Januar 1938 kann er letztmalig öffentlich auftreten und versucht, seinen Beruf zu bestimmen: Ein Chronist seiner Zeit wolle er sein. Schon 1933 hat er über die Internierung von Gegnern der Nationalsozialisten in Deutschland geschrieben, und auch 1938 schreibt er verblüffend schnell und scharf mit den Ereignissen mit, jeden Tag ein Gedicht. Wien hat sich für ihn in eine Kulisse gefühlter und realer Bedrohungen verwandelt. Das Verfolgtsein wird luzide und fast zeitgleich zum eigenen Erleben festgehalten, ebenso seine Versuche des "Flüchtens". 1939 gelingt ihm die Rettung vor den Nationalsozialisten. Einige Gedichte von Theodor Kramer kommen im Hörspiel vor, es ist dennoch ein eigener, fiktiver Text, in dem auf Grundlage von Recherchen ein nacherfundener Theodor Kramer auftritt.
Theodor Kramer (1897-1958) war ein österreichischer Lyriker. 1939 emigrierte er nach England, er kehrte 1957 nach Wien zurück. Seine Werke umfassen u.a. "Die Gaunerzinke" (1929) und "Mit der Ziehharmonika" (1936).
Daniela Kletzke wurde 1969 in Krefeld geboren. Sie studierte Slawistik und Anglistik. Seit 1999 führt sie Hörspielregie, u.a. bei "Die Verschickung" (RB 2004).