ARD-Hörspieldatenbank

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Ars acustica


TraumzeitFestival Duisburg


C-Schulz, FX Randomiz

Das Ohr am Gleis


Technische Realisierung: Rolf Lingenberg, Michael Peschko, Dirk Franken, Katrin von Groß


Regie: Markus Heuger


Realisation: C-Schulz, FX Randomiz

"Acht Takte Anfahren. Accelerando für Solo-Lokomotive, dann Tutti der Waggons. Rhythmen. Es sind sehr schöne dabei." So unspektakulär liest sich die Erfindung der "Musique Concrète" durch Pierre Schaeffer in seinem Tagebucheintrag vom 5. Mai 1948. Sechs Lokomotiven ließ er auf der Gare de Batignolles hin- und herfahren, um Material für seine Komposition zu bekommen. Die Lokführer wurden für diese Eisenbahnetüde zu improvisierenden Pfeif-Solisten. Etwa 60 Jahre später untersuchen die Kölner Musikelektroniker C-Schulz und FX Randomiz die heutige Klangwelt des Schienenverkehrs: Der Eisenbahnknotenpunkt Köln war Ausgangspunkt ihrer Klangexpedition, die sie bis ins russische Murmansk am Nordpolarmeer führte. Auf ihrem Weg entlang der Gleise lagen Stellwerke, Bahnschranken, Wartehallen, Güterbahnhöfe, Reparaturhallen und Eisenbahntunnel. Die Sounds moderner ICE-Triebwagen, russischer Diesellokomotiven und historischer Dampfrösser wurden im Studio zu hybriden Klanggebilden transformiert und mit Instrumentalklängen kontrastiert. Der Blick aus dem Zugfenster mit seinen diskontinuierlichen, rasch wechselnden Augenblickseindrücken wird akustisch durch vorbeiflirrende Klangfragmente aufgegriffen. Das Stück spielt mit Nah- und Fernwirkung, lässt donnernde Hochgeschwindigkeitszüge in die meditative Stille verlassener Gleise platzen. Das Kreischen der Bremsen schaukelt sich zu einem bedrohlichen Geräuschmoloch auf, das Rattern der Schwellen generiert einen artifiziellen, tranceartigen Rhythmus, das Singen der Schienen und Oberleitungen verwandelt sich zu flüchtigen Melodielinien inmitten verwehter Klanglandschaften. Fernweh kommt auf - das sich so niemals in Flughafenwartehallen einstellen würde.

C-Schulz, geboren 1968, lebt und arbeitet als Komponist, Autor und Filmemacher in Köln und hat verschiedene Schallplatten und CDs veröffentlicht. Für das Studio Akustische Kunst realisierte er u.a. "Swiete Drogi - Polnische Pilgerfahrten" zusammen mit Peter C. Simon. 2005 erschien seine CD "Flicker Tunes".

FX Randomiz wurde 1968 in Bamberg geboren. Nach diversen Studien arbeitete er mit Jan St. Werner (Mouse On Mars) und Josef Suchy am Kölner GEFRIEM-Label. Sein Debutalbum Goflex erschien 1997 und gilt inzwischen als Klassiker des Genres. Mit Jo Zimmermann (alias Schlammpeitziger) bildet er das Projekt Holosud.

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Mitwirkende

Musik: Joseph Suchy (E-Gitarre)

 


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Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Westdeutscher Rundfunk 2007

Erstsendung: 14.07.2007 | 23:05 Uhr | 53'11

Darstellung: