ARD-Hörspieldatenbank

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Gespräch



Julian Doepp

Kafkas "Process" als Handschrift. Roland Reuß, Herausgeber der historisch-kritischen Franz-Kafka-Ausgabe im Gespräch mit Julian Doepp


Redaktion: Herbert Kapfer

"Ich schreibe seit ein paar Tagen - mein regelmäßiges, leeres, irsinniges junggesellenmäßiges Leben hat eine Rechtfertigung", notiert Franz Kafka im August 1914 in sein Tagebuch. Nicht lange danach erwähnt er zum ersten Mal den "Process". Der Akt des Schreibens an dem Romanfragment dokumentiert sich in der historisch-kritischen Edition, die als Grundlage für die Hörspielbearbeitung dient. Denn die Faksimiles und Transkriptionen von Kafkas Handschrift zeigen keinen linearen, abgeschlossenen Text, sondern offenbaren den "Process" als work in progress. Im einem ausführlichen Gespräch mit Roland Reuß, der die Edition unter Mitarbeit von Peter Staengle herausgegeben hat, wird deutlich, welche Entscheidungen für das editorische Vorgehen ausschlaggebend waren - angesichts einer Textüberlieferung, aus der sich viele Fragen ergeben: Wie erkennt man ein unvollendetes Kapitel? Warum hat Kafka versucht, Anfang und Ende des Romans gleichzeitig zu verfassen? Verändert sich der Stil eines Autors, wenn er sich beim Schreiben dem unteren Seitenrand nähert? Und ist es Zufall, dass die Initialen der Romanfigur Frau Bürstner mit denen von Kafkas Ex-Verlobter Felice Bauer identisch sind? Die Versuchung, eindeutige Antworten auf diese und ähnliche Fragen zu konstruieren, ist groß. Gerade die Wissenslücken aber, so zeigt die Edition von Reuß und Staengl, führen in das Abenteuer, sich auf die Auseinandersetzung mit der Handschrift einzulassen, auf durchgestrichene Sätze, nicht nummerierte Kapitel und das Schwanken des Autors. zur Sprache wie die Umsetzung des Editionskonzepts in eine Hörspielfassung.

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Mitwirkende

Sprecher/Sprecherin
Roland Reuß
Julian Doepp


 


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Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Bayerischer Rundfunk 2010

Erstsendung: 18.12.2010 | 16:00 Uhr | 57'16

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