ARD-Hörspieldatenbank

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Originalhörspiel



Martin Bauch

Der Tod und die Kinder


Technische Realisierung: Andrej Tschitschil


Regie: Sebastian Hocke

Dieses Hörspiel ist ein Kammerstück mit drei Handelnden. Die Kammer - ein Polizeirevier. Die Handelnden: Zwei Sprechstimmen, aufgenommen beim Verhör. Dazu die Stimme vom Band: Ein Beweismittel. Es ist die Stimme einer Frau, die ein Videotagebuch führte. Chaotisch, verzweifelt, bedrückend. Diese Frau lebt nicht mehr. Sie hat sich selbst verbrannt. Folge eines Traumas und eines Schuldgefühls, in das die beiden Verhörten verstrickt sind. Die Geschichte führt uns an die Epochenwende von 1989/90 und in die Situation großer Verunsicherung. In eine Zeit, als die drei Protagonisten Kinder waren, eng beisammen und beseelt vom Wunsch, wie ihre christlich geprägten Eltern Widerstand zu leisten gegen "die da", gegen das System DDR. Als sich die Gelegenheit dazu ergibt, nimmt die Tragödie ihren Lauf. Die gute Tat voller kindlicher Revolutionsromantik führt in die Katastrophe. Ahnungsloses Vertrauen wird missbraucht, gut gemeinte Zivilcourage kippt in Resignation, Depression und Autoaggression. Die Glaubwürdigkeit der Figuren und der dem Drama zugrundeliegenden Geschichte wurden in der Jury durchaus kontrovers diskutiert. Was aber die Inszenierung betrifft, waren sich alle einig: Das aus fiktiven Verhörsplittern und dem scheinbar dokumentarischen Beweismaterial des Videobandes angelegte Puzzle ist atmosphärisch dicht und spannend. Durch sparsamen Gebrauch minimalistisch angelegter Mittel und die geglückte Mikrofonierung im Raum werden die Schauspieler dabei unterstützt, ihr Spektrum an Möglichkeiten zu entfalten: Von Wut und Verzweiflung bis Erkenntnis und Sentimentalität - vor allem die beiden weiblichen Darsteller glänzen in ihren Rollen. Sie geben der Generation der "Wendekinder" einen authentischen Klang. Hervorragend auch die Montagetechnik, die zeitlich weit auseinander liegende Ebenen der Geschichte schlüssig verbindet, geschickt falsche Fährten legt und doch die offenen Enden der Erzählfäden wieder bindet. Und auch die mögliche Kritik an der Schwere des Themas und der "typisch deutschen Schulddebatte" erweist sich beim genauen Hinhören als Stärke des Stückes - stellt es doch auf ziemlich unausweichliche Weise Fragen nach Werten. (Jurybegründung "Leipziger Hörspielsommer")

Ausgestrahlt vom Mitteldeutschen Rundfunk

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Mitwirkende

Sprecher/Sprecherin
Annika Ernst
Tim Oliver Schultz
Anne Müller


 


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Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Sebastian Hocke / Andrej Tschitschil 2010

Erstsendung: 10.10.2011 | 45'00


In keiner ARD-Rundfunkanstalt verfügbar


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