ARD-Hörspieldatenbank

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Originalhörspiel



Raoul Schrott

Erste Erde Epos (3. Teil: Erste Materie)


Redaktion: Herbert Kapfer

Technische Realisierung: Josuel Theegarten, Susanne Herzig

Regieassistenz: Stefanie Ramb


Regie: Michael Farin

Neujahrsmorgen auf einem Berggipfel in der Atacama. Drei Astronomen, einer von ihnen ein Deutscher, der von Meteoriten erzählt und dem seltsamen Klang, der sich manchmal rings um einen ausbreitet, wenn sie am Himmel verglühen. Ihre bröckelige Kohle stellt die erste Materie dar, die im glühenden Sonnennebel entstand, winzige Rubine und Olivine darin. Aus ihnen hat unsere Erde sich zusammengeballt; sie sind das Älteste, was wir in die Hand nehmen und betasten können, das erste Greifbare vom Anbeginn des Universums. Über dieses Konkrete hinaus waren Meteoriten seit je mit Symbolik beladen: ob im Mittelalter, wo ein im Elsaß einschlagender Meteorit Kaiser Maximilian als Zeichen des Krieges und Dürer als Stern der Melencolia erschien, oder in den 60er Jahren, als ein in Mexiko niedergehender Feuerball als Warnung intergalaktischer Völker vor der Mondlandung gedeutet wurde. Es ist die Suche nach diesen beiden Meteoriten, von der dieser deutsche Astronom erzählt, vom Anfang der Welt und von seiner kleinen Tochter, der er einen dieser kleinen schwarzen Brocken mitbringen will.  Erste Erde Epos ist der Versuch eines modernen Epos in einer Zeit, in der aufgrund immenser Wissensbestände, unzähliger Forschungsdisziplinen und des Verlusts klarer religiöser Ankerpunkte die Gattung "Epos" unmöglich scheint. Während das Modell zentraler europäischer Weltschöpfungsmythen von einer Dramaturgie geprägt ist, in der der Mensch sich im Gegenüber zu seinen Göttern situiert, und innerhalb derer alles festgehalten wurde, was über die Welt gesagt werden konnte, geht es Raoul Schrott darum, die Frage nach der humanen Tragweite unseres Wissens von der Welt und ihrer Entstehung zu stellen. Dabei können Poesie und Bilderreichtum der Dichtung das anschaulich und emotional erfahrbar machen, wovon die Wissenschaft in abstrakter Terminologie redet. In dem auf 21 Teile angelegten Epos, das mit Erstes Licht seinen Anfang nimmt, soll die Verbindung von alten Mythen, Diskurs der Naturwissenschaften, Dialogen mit Wissenschaftlern und subjektiven Reisebeschreibungen des Autors ein vielschichtiges Netz aus Perspektiven auf die Erde und unser Wissen von ihr ergeben, in dem die poetische Spracharbeit zum Mittel für die Stiftung von besonderen Weltbeziehungen wird. Silvester in Chile. In den Bergen der Atacama haben 3 Astronomen der Europäischen Südsternwarte - ein Neuseeländer, ein Taiwanese und ein Deutscher - einen Monitor aufgebaut. Probeaufnahmen sollen zeigen, ob sich der Gipfel, auf dem sie lagern, als Standort für ein Observatorium eignet. Gebaut werden soll das bislang weltgrößte Spiegelteleskop, seine Kuppel größer als ein Dom, um nach erdähnlichen Planeten zu suchen, die dunkle Materie zu erforschen, die ältesten Sonnen zu identifizieren und erstes Licht aufzufangen - jenes Licht, das 380.000 Jahre nach dem Urknall erstmals die glühend sich ausdehnende Gaswolke des Universums durchdrang. Derart wird der Weltraum sondiert; die Falschfarbenbilder des Teleskops illustrieren aber auch unsere urmenschlichen Ideen eines Anfangs. Und das Scheitern all unserer Vorstellungen von Raum und Zeit. Naturwissenschaft steht so Poesie und Mythos gegenüber. In diesem Fall ist es die Weltschöpfungsgeschichte der neuseeländischen Maori als letztem, um 1880 entstandenen Mythos vom Ursprung unseres Kosmos. In ihm geht es ebenso um das erste Licht - wie es sich im Phosphoriszieren der Glühwürmchen erhalten hat, die in den unterirdischen Höhlen von Waitomo ihre Sternbilder im Dunkel aufleuchten lassen. Raoul Schrotts Erste Erde Epos wird gefördert von der Kulturstiftung des Bundes.

Raoul Schrott, geboren 1964 ist Autor und Übersetzer. Zu seinen Werken zählen u.a. "Hotels" (Gedichte 1995), "Finis Terrae" (1995), "Tristan da Cunha" (2003). Er übersetzte u.a. "Ilias" von Homer (2008). Für den BR schrieb er u.a. die Hörspiele "Hotels-Ein akustisches Tryptichon" (gemeinsam mit Klaus Buhlert, 1995, zum Hörspiel des Jahres gewählt), "Gilgamesh" (2001), "Tristan da Cunha" (2003).

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Mitwirkende

Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
Axel MilbergMichael Höss
Ulrich NoethenGeorge Allen Moore
Samuel FinziNagayoshi Lee


Autor Raoul Schrott | © Bildnachweis: BR/Marc LaFlamme

Autor Raoul Schrott | © Bildnachweis: BR/Marc LaFlamme

Autor Raoul Schrott | © Bildnachweis: BR/Marc LaFlamme
Samuel Finzi bei den Hörspielaufnahmen | © br.de

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Samuel Finzi bei den Hörspielaufnahmen
© br.deSamuel Finzi bei den Hörspielaufnahmen
© br.de



PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Bayerischer Rundfunk 2013

Erstsendung: 29.06.2013 | 70'22


VERÖFFENTLICHUNGEN

  • MP3-CD-Edition: Der Hörverlag 2016 (Oktober)


AUSZEICHNUNGEN


REZENSIONEN

  • Rafik Will: Hochspezialisiertes Wissen. In: Funk-Korrespondenz. 26.07.2013. S. 27.

Darstellung: