ARD-Hörspieldatenbank

1

Originalhörspiel



Jacob Grimm, Wilhelm Grimm, M. Dietrich

Brüderchen und Schwesterchen

Ein Märchenspiel


Vorlage: Brüder Grimm: Brüderchen und Schwesterchen (Volksmärchen)

Komposition: Fritz Kaulvers


Regie: Hans Peter Schmiedel

Welches Kind kennt nicht dieses wunderschöne Märchen! Und welcher Erwachsene schaut nicht mit leisem Lächeln vor sich hin und sinnt einer lieblichen Erinnerung nach, einem hellen, glücklichen Bild seiner Kindheit, hört er: "Märchen nach den Brüdern Grimm". Beinahe jedes, beinahe auch das ärmste Kind hat doch wenigstens ein schmales, abgegriffenes Märchenbuch, das vielleicht grau und alt und schäbig ist, — aber wenn man es aufschlägt, so wächst rings eine Welt voll Glanz und Glück empor, Zauberer, Hexen, Feen und strahlende Königstöchter erwachen zu unheimlich lebendigem Leben und spiegeln sich in den leuchtenden Augen eines kleinen Kindes, eines gläubigen kleinen Mitbürgers des Zauberreiches Phantasie. Das ist ganz das Reich des Kindes, das Märchen. Und die treuen Verwalter dieses Reiches sind die Brüder Grimm. Mit dem unermüdlichen Eifer des Forschers sind die überall herumgereist und gewandert und haben sich all die Geschichten erzählen lassen, die die Großmutter und die Ahnen in den Dörfern wussten, und die sie weiter vererbten an Kinder und Enkel. Die haben sie alle aufgeschrieben und haben ein großes und herrliches Reich vor dem Untergang gerettet und uns als kostbares Gut erhalten. Und mit diesen Märchen sind wir groß geworden, und ihre Gestalten sind lebendig in uns in ihren wechselnden Schicksalen. Aber was die Brüder Grimm der Phantasie des Kindes überließen, der schöpferischen Phantasie, die den toten Buchstaben zu lebendigsten Leben erweckt, das lebt in unserem Spiel und tritt als längst gekanntes und geliebtes nun auf uns zu. Wir erfahren nicht nur die Geschichte des Brüderchens, seine Schicksale und Wünsche als Reh, nein, wir sehen es vor uns stehen, wir hören es selbst sprechen, wir sind mit ihm glücklich und unglücklich. Wir hören die falsche Stimme der Hexe, und die liebliche, sanfte der jungen Königin, wir hören das Jagdhorn und den Gesang der Kinder und es würde uns gar nicht wundern, wenn wir ihnen allen eines Tages irgendwo begegneten, denn wir wissen ja nun, sie leben. Und so sind sie auch nicht kalt und tot, wenn das Märchen aus ist, sondern sie begleiten uns in unseren guten und bösen Stunden, und unsere Welt ist reicher und schöner durch sie geworden. (Susanne Bach: Mirag. 6. Jahrgang. Heft 24. 15. Juni 1929. S. 15-16)

A
A

 


1

Hörspiel historisch (vor 1933) - © DRA/Hanni Forrer


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

MIRAG - Mitteldeutsche Rundfunk AG (Leipzig) 1929

Für die Jugend

Erstsendung: 19.06.1929 | 15:00 Uhr | ca. 75'00


Livesendung ohne Aufzeichnung


Grundlage der Datenerhebung: Nachlass Karl Block (Hörspiele); Der Deutsche Rundfunk (Programmzeitschrift)


Darstellung: