ARD-Hörspieldatenbank
Originalhörspiel
James Joyce, Marcel Duchamp, Erik Satie: Ein Alphabet
übersetzt aus dem Amerikanischen
Übersetzung: Klaus Reichert
Komposition: John Cage
Regieassistenz: David Fullemann
Regie: John Cage
John Cage wird am 5. September dieses Jahres 70 Jahre alt. Die Ehrungen, denen dieser Senior der Avantgarde in diesen Monaten in aller Welt ausgesetzt ist, sind beträchtlich. Seine Antwort besteht in ungebrochener kreativer und heiterer Aktivität. So realisierte er für den WDR nach "Roaratorio - Ein irischer Circus über Finnegans Wake" (das in kurzer Zeit zu einem der international erfolgreichsten Hörspiele wurde) sein zweites Hörspiel "James Joyce, Marcel Duchamp, Erik Satie: Ein Alphabet". In einem Brief an die Redaktion annoncierte Cage das neue Hörspiel so: "Es treten drei Geister auf und sie begegnen vielen anderen Geistern und sie kommen in Kontakt mit Dingen, die dadurch bestimmt werden, daß das Alphabet Zufallsoperationen unterzogen wird. Das ist manchmal sehr vergnüglich. Jedesmal, wenn einer der Hauptgeister allein ist, liest er aus seinen Schriften. Satie siebenmal, Duchamp dreimal und poor joist nur zweimal." Das Stück entwickelt sich zu einer phantastischen Revue, in der die Akteure (unter ihnen auch Rrose Sélavy, Henry David Thoreau, der kleine Mao, Buckminster Fuller, Josef Beuys und Robert Rauschenberg) mit virtuoser Brillanz ihre Erfindungen, Fiktionen, fixen Ideen vorführen - poetischer, philosophischer und technischer Art, surreal und irreal. Sie betätigen sich als das was sie waren und sind: unkonventionelle, alloziativ denkende Anreger des Undenkbaren. Formal zusammengehalten werden die 37 Inventionen durch das mesostische Prinzip, indem die Namen der drei Protagonisten, als Mesostichon eingeführt und von John Cage, Buchstabe für Buchstabe repetierend, gesprochen, den Text bestimmen. Dazu hat Cage eine aus dem Text entwickelte Klangkomposition aus "rationalen" und "irrationalen" Geräuschen realisiert. Neben John Cage haben an diesem Hörspiel als Sprecher unter anderem mitgewirkt: Teeny Duchamp, Richard Buckminster Fuller, Mauricio Kagel, Klaus Reichert, Christian Wolf, George Brecht, Dick Higgins, Daniel Charles. Joyce, Duchamp, Satie: Ein "Tombeau" für drei erlauchte Geister, in dem diese nicht mumifiziert, sondern springlebendig materialisiert werden. Sie haben die Kunst des 20. Jahrhunderts wesentlich beeinflußt - ebenso wie Cage.
