ARD-Hörspieldatenbank
Hörspiel
Die Tote trug ein dunkelblaues Kleid
Übersetzung: Eva Polak
Technische Realisierung: Dieter Stratmann, Gabriele Neugroda
Regie: Heinz-Wilhelm Schwarz
Ein tschechischer Emigrant um vierzig Jahre alt, geschieden, hat es schwer, sich in der Bundesrepublik einzuleben. In seinen Träumen setzt er sich mit seiner geschiedenen Frau auseinander, mit seinem Leben vor der Emigration. Durch den auf fixes Erlernen ausgerichteten Deutschkurs, den er zunächst hoffnungsvoll besucht, erfährt er von der neuen Sprache nicht mehr als penetrante Übungssätze. Die Werbesendungen in Funk und Fernsehen verstärken seinen Verdacht, daß ihm eine neue Identifizierung mit einer anderen Gesellschaft nicht gelingen will. Er fühlt sich krank, der Arzt kann ihm nicht helfen, die Sprachlehrerin auch nicht. Er hat sich wie ein Kind an sie zu klammern versucht. Er ist ein Kind voll unverstandener Traurigkeit und plappert nur noch die Sätze aus dem Sprachlabor nach. Jiri Sik-Polak macht mit diesem Hörspiel deutlich, wie sehr die Sprache eigentliche Heimat eines sensiblen Menschen ist. Ohne den Zugang zu einer fremden Sprache werden die Menschen, die sie sprechen, zu beängstigenden Fremden. Das neue Leben erscheint sinnlos, das alte kann nicht mehr erreicht werden - die Heimatlosigkeit wird verdoppelt. Jiri Sik-Polak ist 1948 in Prag geboren worden. Der 1980 ausgebürgerte Sohn des ehemaligen Ministerpräsidenten im Prager Frühling, Prof. Ota Sik, hat während seines Publikationsverbotes unter fremden Namen Hörspiele und auch einen Film gemacht. Für den WDR schrieb er 1982 das Hörspiel "Reise ins Paradies".