ARD-Hörspieldatenbank

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Hörspielbearbeitung



Gustav M. Gilbert

Götterdämmerung in Nürnberg (2. Teil)


Vorlage: Nürnberger Tagebuch (Bericht, amerikanisch)

Bearbeitung (Wort): Paul Mommertz

Technische Realisierung: Jonas Bergler, Sven Schmeier

Regieassistenz: Christoph Pragua


Regie: Heinz Wilhelm Schwarz

"Es ist viel über die völkerrechtliche Legalität des Tribunals geschrieben worden, aber es kommt auf die Tatsachen an, die das Tribunal festgestellt hat. Werden die Tatsachen, die mit der größten Zuverlässigkeit bewiesen wurden, richtig verstanden, dann verblassen auch die scharfsinnigsten juristischen Argumente zur Bedeutungslosigkeit." Hartley W. Shawcross Hauptankläger im Nürnberger Prozeß. "Am Ende eines Weltkrieges von bis dahin unvorstellbaren Dimensionen und Fürchterlichkeiten stand der erregendste politische Prozeß der Weltgeschichte, der "Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher des NS-Regimes vor dem Militärgerichtshof der Siegermächte in Nürnberg. Nie zuvor hatte die Menschheit erlebt, daß die Hauptakteure eines unerhörten geschichtlichen Dramas Gelegenheit erhielten, sich monatelang vor den Schranken eines Gerichts zu erklären und zu verteidigen. Der authentische Wortlaut der Gerichtsverhandlung liegt der Mitwelt und Nachwelt in vielbändigen Dokumentationen vor. Vielleicht noch aufregender aber ist eine andere Dokumentation - die des offiziellen amerikanischen Gerichtspsychologen G. M. Gilbert, erstmals 1947 als Buch erschienen mit dem Titel "Nürnberger Tagebuch". Gilbert hatte während der ganzen Prozeßdauer freien Zugang zu den 23 Hauptangeklagten hinter den Kulissen des Tribunals, zu ihren Zellen und Kantinen, ihren Aufenthaltsräumen und zum BewegungshoL Es gelang Gilbeit, sich das Vertrauen der Angeklagten zu erwerben, obwohl er mit seiner Kritik und oft auch Empörung nicht zurückhielt. Ihm kam zugute, daß die Angeklagten, je länger der Prozeß dauerte und je näher der Tag der Urteilsverkündung rückte, desto intensiver das Bedürfnis hatten, sich jenseits der strengen Spielregeln des Verfahrens und frei von den Gruppenzwängen untereinander zu einem überaus fairen, aufmerksamen und einfühlsamen Zuhörer aussprechen und nicht selten auch ausweinen zu können. Hier konnten sie loswerden, was ihnen vor Gericht verwehrt war, und was sie den Mitangeklagten, unter denen zunehmend Konflikte aufbrachen, so nicht hätten sagen können. So kam es zu einer einmaligen Situation: Führende Exponenten eines gnadenlosen Regimes mit Weltmachtambitionen und Rasseträumen gaben im drohenden Schatten des Galgens Auskunft über ihre Politik, ihre Motive und ihre psychologischen Voraussetzungen, über sie besonders. Die Selbstinterpretation der Angeklagten, in jedem Fall eine leidenschafliiche Selbstrechtfertigung, wird nun aber nicht nur zur Anklage gegen die Mithäftlinge, sondern auch zur unfreiwilligen Selbstanklage, und das in einem Grad, wie sie kein forensischer Ankläger schlimmer hätte vorbringen können. Dieser aufregende Umstand gab den Anstoß zum Hörspiel. Das Hörspiel gibt eine Collage bezeichnender Passagen aus den Selbstrechtfertigungen der Angeklagten ohne jede subjektive Veränderung oder Zutat des Autors. So entsteht ein Kompendium gleichsam letzter Worte von Männern, die in erschreckender Weise Geschichte gemacht haben - Geschichte, folgenschwer bis auf diesen Tag. (Paul Mommertz)

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Mitwirkende

Sprecher/Sprecherin
Friedhelm Ptok
Almut Eggert
Joachim Nottke
Heinz-Theo Branding
Helmut Wildt
Friedrich Schoenfelder
Friedrich W. Bauschulte
Rolf Henniger
Max Volkert Martens
Manfred Günther
Horst Bollmann
Peter Simonischek
Georg Schuchter
Peter Matić
Helmut Krauss
Klaus Nägelen
Lothar Blumhagen
u.a.


 


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Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Westdeutscher Rundfunk 1988

Erstsendung: 13.11.1988 | 58'30

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