ARD-Hörspieldatenbank
Hörspiel
Die Mütter verfluchen Columbus und die Entdeckung Amerikas
Technische Realisierung: Helmuth Schick, Inge Moritz
Regie: Ferdinand Ludwig
"Heute nennen wir sie abschätzig Wirtschaftsflüchtlinge und wollen unsere Grenzen für sie verschließen. Früher, als es die Europäer selbst waren, die zu Hunderttausenden ihre Heimat verließen, hießen sie Auswanderer. Da klang etwas von Abendteuer, Entdeckerfreude und Aufbruchstimmung mit. Aber war es wirklich so? Mein Hörspiel basiert auf Briefen italienischer Auswanderer aus dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts. Die Betroffenen selbst kommen zu Wort, und sie beleuchten ein historisches und soziales Phänomen, dessen Dramatik heute weitgehend vergessen ist. Um die Jahrhundertwende wanderten allein aus Italien jährlich eine halbe Millionen Menschen aus. Die erste große Welle der italienischen Emigration richtete sich jedoch nicht, wie man aus oberflächlicher Kenntnis anzunehmen gewohnt ist, in die USA; und sie kam auch nicht aus dem Süden. Aus den gebirgigen Regionen Norditaliens, aus dem Friaul, Piemont und der Lombardei gingen Bauern nach Argentinien und Brasilien. Die einfachen Worte derer, die oft nicht einmal schreiben konnten, sondern diktieren mußten, und die gesteltzten Sätze, die sich an Schulfibeln und Heiligengeschichten orientierten, schildern die grausame Kargheit des Lebens in der Heimat, die mit dem Aufbruch verbundenen Hoffnungen, die vielfachen Enttäuschungen in dem vermeintlichen Paradies. Die große Fahrt über das Meer war kostenlos - aber nur in die eine Richtung." Friederike Hausmann, Jahrgang 1945, studierte Geschichte und klassische Philologie in Berlin, lebte mehrere Jahre in Italien und arbeitet jetzt als Lehrerin und freie Autorin in München. Mehrere Buchveröffentlichungen zur Geschichte Italiens.
