ARD-Hörspieldatenbank
Hörspiel
Genilson de Jesus, 15 Jahre
Übersetzung: Maralde Meyer-Minnemann
Technische Realisierung: Torsten Wintermeier
Regieassistenz: Sylvia Goldschmidt
Regie: Werner Klein
Sao Paulo, Brasilien. Ein Bus mit Touristen passiert den Largo-de-Sao-Francis-Platz und überfährt beinahe einen Jungen, der vor einigen Verfolgern davonläuft. Der Junge, ein Taschendieb auf der Flucht, wird bald von einem älteren, gutgekleideten Herrn überwältigt und von diesem trotz der Proteste der Umstehenden zu Tode geprügelt. Die Polizei, die eintrifft, überprüft die Papiere des Mannes und läßt ihn gehen; den toten Jungen legt sie auf eine Bank und deckt ihn mit Zeitungen zu. Soweit die Ausgangssituation des Hörspiels, dem ein authentischer Fall zugrunde liegt. Luiz Carlos Saroldi greift damit ein Thema von brennender Aktualität auf: Die mehr als 600 000 in Sao Paulo lebenden Jugendlichen ohne festes Zuhause. Viele von ihnen schlagen sich mit Gelegenheitsarbeiten durch, viele werden zum Gelegenheitsdieb und schließlich unter dem Druck der sozialen Not zu Kriminellen, nicht selten unter Anleitung Erwachsener. Indem der Autor sich auf einen Fall beschränkt und dokumentarisch die unmittelbaren Reaktionen von Beteiligten und Betroffenen herausstellt, gelingt es ihm, überzeugend und eindringlich die sozialen Hintergründe eines Problems auszuleuchten, das für die Bevölkerung der brasilianischen Großstadt zum Alltag gehört.
Luiz Carlos Saroldi wurde 1931 in Rio de Janeiro geboren. Schon sehr früh interessierte er sich für Rundfunk und Theater sowie für die Volkskunst seines Landes. Er durchquerte als Schauspieler Brasilien mit verschiedenen Theater-Ensembles, inszenierte selbst mit Universitäts- und experimentellen Gruppen. Saroldi schrieb und inszenierte auch eigene Stücke. Der WDR sendete von ihm 1983 "Das letzte Tor des Mané Sardinha". "Genilson de Jesus..." wurde im Brasilianischen Hörspielwettbewerb von 1984 mit dem ersten Preis ausgezeichnet.