ARD-Hörspieldatenbank
Hörspiel
Der Truppenübungsplatz
übersetzt aus dem Estnischen
Übersetzung: Irja Grönholm
Komposition: Matthias Thurow
Technische Realisierung: Dieter Stratmann, Gabriele Neugroda
Regieassistenz: Walter Brühn
Regie: Joachim Sonderhoff
Ein älteres Bauernehepaar bemerkt eines Tages, wie uniformierte Fremde ihren Hof vermessen. Es wird ihnen mitgeteilt, daß sie den Hof kurzfristig zu verlassen hätten, da hier ein militärischer Übungsplatz entstehen soll. Die alten Leute sind verzweifelt und wissen keinen Rat, wie man gegen diesen Befehl der Regierung angehen kann. Inzwischen kehrt der Sohn aus der Stadt heim und berichtet voller Freude, daß er sich in unmittelbarer Nachbarschaft einen verfallenen Bauernhof kaufen und gemeinsam mit seiner Braut herrichten will. Die Eltern sind so erschreckt durch das Aufeinanderprallen der beiden gegensätzlichen Offenbarungen - auf der einen Seite der Räumungsbefehl, auf der anderen Seite der unbeschwerte, fröhliche Start des Sohnes ins eigene Leben -, daß sie nicht die Kraft aufbringen, ihm die Wahrheit zu sagen. Der Sohn fährt wieder in die Stadt, um die Kaufformalitäten zu erledigen. Die Eltern fahren am nächsten Tag hinterher, sehen aber anhand eines großen Polizeiaufgebots, daß in der Stadt etwas Schreckliches passiert sein muß. Sie erfahren, daß sich ein junger Mann aus Pr otest gegen den Bau militärischer Übungsplätze öffentlich verbrannt hat. In der festen Annahme, es sei der eigene Sohn, fahren sie nach Hause und tun das ihrer Meinung nach einzig Richtige - sie verbrennen den Hof und sich selbst. Doch mitten in das Feuergeprassel schallt eine verzwelfelte Stimme ...
Ants Aaman, Jahrgang 1948, lebt auf dem Erbhof seiner Familie, auf der vor allem Imkereiwirtschaft betrieben wird. Gleichzeitig ist er als Korrespondent literarischer Zeitschriften tätig und schreibt seit seinem dreißigsten Lebensjahr Erzählungen und Stücke. "Auch mein Erbhof", schrieb der Autor, "war 1953 als Truppenübungsplatz in Betracht gezogen. Zum Glück verlief die Grenze etwa hundert Meter weit von unserem Hof. Ich war von Kindheit an Panzer und Kampfwagen, Kanonendonner und Geschützlärm gewöhnt - 36.000 Hektar, das Gebiet, das in früheren Zeiten "die Schweiz von Nord-Estland" genannt wurde, ist jetzt ein Schlachtfeld. Fast 300 Bauernhöfe wurden zerstört oder verbrannt und die Menschen verjagt. In dieser Naturlandschaft lebte zehn Jahre lang der bekannteste estnische Schriftsteller Anton Hansen Tammsaare und schrieb seine Werke. Im Heimatort unseres größten Humanisten toben und wüten jetzt die Panzer. Und sie verheeren und verwüsten unser uraltes heiliges Land. Auch dann, wenn mein Stück in Köln gesendet wird, schwankt mein Haus von Kanonenschüssen." "Der Truppenübungsplatz" wurde bereits 1984 mit einem "Achtungspreis des Estnischen Rundfunks" ausgezeichnet. Die Produktion durch diesen Sender konnte jedoch erst 1989 erfolgen. Ants Aaman wird damit zum ersten Mal einem deutschen Publikum vorgestellt.
