ARD-Hörspieldatenbank

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Originalhörspiel


Readytapes: Vorgefundene Hörspiele


Herbert Kapfer, Hartmut Geerken, Stefanie Hoster

Readytapes: Vorgefundene Hörspiele (1. Folge)


- Hartmut Geerken: Kant Overtones (1983) - Stefanie Hoster: Familie (1966)


Technische Realisierung: Wilfried Hauer, Monica Graul


Regie: Herbert Kapfer

Was ist ein Readytape? Ein erster Definitionsversuch von Herbert Kapfer: "Ein Readytape ist ein vorgefundenes Tonband, das unbearbeite, ungeschnitten zum Hörspiel erklärt und zur Sendung gebracht werden kann. Ein Readytape ist also eine Manifestation, die davon ausgeht, daß jeder technische Eingriff, jede Veränderung eines vorgefundenen Bandes eine unnötige Ästhetisierung bedeutet und Informationen abschneidet bzw. verfälscht und auf ein Ergebnis hinausläuft, das korrekterweise mit dem Etikett "besser als echt" versehen werden sollte. Sounds like Hörspiel: es sind neben den intendierten auch die nicht-intendierten Informationen, die den Charakter eines Bands bestimmen: die bewußten oder unbewußten Selbstinszenierungsversuche von Gesprächspartnern beispielsweise, die eine Aufnahmesituation überspielen sollen oder die zusätzlichen akustischen Informationen wie Bandrauschen, Aufnahme-Mängel, Überlagerungen, die durch unsauberes Löschen und unscharfe Spurentrennung zustandekommen." Im ersten Teil dieser zweiteiligen Sendung werden als Readytapes präsentiert:

1) Hartmut Geerken "Kant Overtones" (1983): "Seit vor über 200 Jahren Immanuel Kants 'Kritik der reinen Vernunft' veröffentlicht wurde, gibt es große Mißverständnisse um diesen Philosophen. Die einen sagen, Kant sei die Quelle des preußischen Übels, die anderen bezeichnen ihn als den Vater der neuen Mystik. Im angloamerikanischen Raum wird Kant immer wieder mit Pornographie in Verbindung gebracht, und in feinerer Gesellschaft scheut man sich, seinen Namen auszusprechen. Den meisten Erwachsenen ist Kant zu hoch, Kinder hingegen haben mit diesem Philosophen keine Schwierigkeiten. Die elfjährige Anita Geerken las eine durch Zufall bestimmte Seite aus der 'Kritik der reinen Vernunft'. Ihr Parameter war: so hoch wie möglich." (Hartmut Geerken)

2) Stefanie Hoster: Familie (1966) "Vater, Mutter, Tochter, Sohn und Omi am Silvesternachmittag. Das Weihnachtszimmer ist noch aufgebaut, der Kaffe wird eingeschenkt, das Mikrofon wird auf den Tisch gestellt. Die Familie nimmt ihr drittes Silvesterband auf. Zwei Bänder stehen schon im Schrank: 1964 und 1965. Fünfzehn weitere werden folgen. Bis 1984 hält die Familie die Silvestergespräche durch. Das Tonband hält fest, was ihnen wichtig war im Jahr. Immer die gleichen Rubriken werden behandelt: Weltpolitik, deutsche Politik, Familie, Schule, Reisen, Sport. Am Schluß die Fortschritte in der Hausmusik. Familie von der Familie selbst dargestellt. Das Mikrofon: Aufzeichner und heimlicher Regisseur. Das Tonband: Für die Enkel, also uns." (Stefanie Hoster)

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Mitwirkende

Sprecher/Sprecherin
Anita Geerken
Thomas Palzer
Sabine Gietzelt


 


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Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Bayerischer Rundfunk 1992

Erstsendung: 09.10.1992 | 57'16

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