ARD-Hörspieldatenbank

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Hörspiel



Friedrich Luft

Wir haben noch einmal angefangen

Friedrich Luft schaut zurück auf Theatereignisse nach 1945


Technische Realisierung: Krüger


Regie: Ulrich Gerhardt

Wenn es eine Widerlegung der These gibt, daß der Mensch sich erst, wenn er hinreichend materiell gesichert sei, der Kultur zuwende, dann ist es das Jahr 1945. Es dauerte kein halbes Jahr, nach Kriegsende, da spielten die Berliner Bühnen schon wieder, inmitten der Moränenlandschaft der stark zerstörten Stadt. Die Menschen litten Hunger, improvisierten ihre Kleidung, handelten auf dem schwarzen Markt, fuhren hamstern, froren im ersten harten Nachkriegswinter - aber man spielte Theater, und sie gingen ins Theater, ein paar gerade geklopfte Nägel in der Hand oder ein Paket Kohlen unter dem Arm, als zusätzliche Bezahlung, um eine Eintrittskarte zu bekommen. Man war neugierig, was die Welt zu sagen hatte, von der man fast zwölf Jahre abgesperrt gelebt hatte, man wollte wissen, ob die große, so illusionistische Welt der Bühne dem Schicksal standzuhalten vermochte, man wollte und konnte auf die Kunst nicht verzichten - und sie hielt den Forderungen der Menschen stand. Damals haben wir noch einmal angefangen.Man spielte Brecht im Hebbel-Theater und Priestley im Theater am Schiffbauerdamm , man spielte noch Lessings "Nathan der Weise" im Deutschen Theater, man spielte Friedrich Wolf und Sartre, Wilder und Anouilh, Weisenborn und Arthur Miller, Giroudoux und Zuckmayer: Man spielte in großen Häusern und Behelfstheatern: Berlin war e i n e Theaterstadt.Aus dieser Zeit, in der es trotz Mangel an allen Ecken und Enden große Aufführungen gab, die denen, die sie sahen, unvergessen geblieben sind, berichtet Friedrich Luft. Das Theater hatte die Schrecken überlebt. Wir waren noch einmal davongekommen und wir haben noch einmal angefangen.

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Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

RIAS Berlin / Marchfelder 1965

Erstsendung: 08.05.1965 | 89'20

Darstellung: