ARD-Hörspieldatenbank

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Ars acustica



Peter Pannke

LopLop Records

oder: Die widerrechtliche Ausübung der Sonomimese


Komposition: Peter Pannke


Realisation: Peter Pannke

Botticellis Bemerkung, dass man in einem Fleck eine wunderschöne Landschaft sehen könne, trug ihm eine strenge Ermahnung seines Kollegen Leonardo da Vinci ein: "In solch einem Klecks kann man gewiss bizarre Dinge finden," schrieb Leonardo in seinem 'Traktat der Malerei': "Ich möchte sagen, dass derjenige der die Anlage dazu in sich trägt, aus diesem Klacks zu lesen, darin einige menschliche Köpfe entdecken kann, verschiedene Tiere, eine Schlacht, einige Felsen, das Meer, Wolken, Wälder, und tausend andere Dinge - es ist wie Glockenläuten, aus dem man das heraushört, was man als Vorstellung in sich trägt ... Meiner Meinung nach ist es nicht zu verachten, wenn einer, der den Klecks an der Wand, die Kohlen auf dem Rost, die Wolken, den fließenden Strom genau angestarrt hat, sich dann wieder an ihre Aspekte erinnert. Wenn Du sie sorgsam betrachtest, wirst Du einige wunderbare Erfindungen machen." Max Ernst führte die akustische Analogie zum Glockenklang, die Leonardo hier zu einem visuellen Vorgang zog, als Einleitung zu seinem Bericht über die 'Entdeckung' der Frottage an, denn auch die "unerträgliche visuelle Heimsuchung", die ihm am 10. August 1925 begegnete und ihn "die technischen Mittel entdecken ließ, die eine klare Verwirklichung der Lektion von Leonardo da Vinci mit sich brachten," war von einem Hörerlebnis begleitet: dem Klang des Regens. "Es begann mit einer Erinnerung an die Kindheit. Es hatte eine Vertäfelung aus nachgemachtem Mahagoniholz, das sich gegenüber von meinem Bett befand, die Rolle des optischen 'provocateur' übernommen, eine Vision im Halbschlaf hervorzuzaubern. Ich befand mich nun an einem regnerischen Abend in einem Gasthaus an der See ..." "Die LopLop Records oder Die widerrechtliche Ausübung der Sonomimese ist der Titel einer radiophonen Ausstellung 'akustischer Frottagen', die von diesem Erlebnis an einem regnerischen Abend in einem Gasthaus an der See inspiriert sind. Präsentiert werden sie als Seiten einer imaginären Schellackplattensammlung, frei nach Ernsts Devise: 'Sinnliches Vergnügen erschwert durch visuelle Darstellungen'." (Peter Pannke)

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Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Westdeutscher Rundfunk 2002

Erstsendung: 02.11.2002 | 47'00

Darstellung: