ARD-Hörspieldatenbank

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Ars acustica



Asmus Tietchens

Sechs Heidelberger Studien


Komposition: Asmus Tietchens


Realisation: Asmus Tietchens

"Der Heidelberger Tiegel (Buchdruckmaschine) lässt sich durchaus als Rhythmusmaschine verstehen: deutlich wahrnehmbare, zum Teil komplizierte Rhythmen strukturieren seine Arbeitsgeräusche. Was nun im Sinne ästhetischen Handelns wichtig wurde, war die Frage, wie die vorliegenden akustischen Materialien aus ihrem Kontext herausgenommen werden konnten und welchen klanglichen Transformationen sie unterworfen werden sollten. Den rhythmischen Strukturen zu folgen, lag zu sehr auf der Hand, wäre eine allzu plakative Lösung gewesen. Auch wollte ich nicht die "Seele" der Maschine zum Klingen bringen; gern überlasse ich den Versuch, die Maschine zu transzendieren, kompetenteren Schwarmgeistern. Die rhythmischen Strukturen der Tiegelgeräusche wurden zugunsten eher flächigen und/oder impulsartigen Klanggeschehens umgewandelt, um so eine Ebene jenseits der starren Rhythmik zu schaffen. Infolgedessen sind die "Sechs Heidelberger Studien" dem ursächlichen Geräuschkontinuum völlig entrückt. Ich zielte dabei weder auf Verblüffung, noch auf eine elektro-akustische Märchenstunde ab, sondern wandte mich dem Material selbst zu, um einige (von vielen) kombinatorische Möglichkeiten seiner klanglichen Bearbeitung und Neustrukturierung durchzuführen. Ästhetische Entscheidungen traf ich erst, nachdem die formalen und akustischen Eigenschaften des Basismaterials gründlich untersucht waren. [...] Kein Studium, keine akademische Ausbildung, keine Stipendien sondern: learning by doing = autodidaktische Aneignung gestalterischer Fähigkeiten und des Umgangs mit analoger und digitaler Studiotechnologie. Bin mein eigener Tonmeister.Den ästhetischen Lebenslauf kann ich leider nicht an Daten festmachen. Die Entwicklungen verliefen zu gleitend, Fort- und Rückschritte kann selbst ich im nachhinein kaum nachvollziehen." (Asmus Tietchens)

Asmus Tietchens, 1947 in Hamburg geboren, experimentierte seit 1965 mit Tonbandgeräten und elektronischen Klangerzeugern (Sinusgeneratoren, Rhythmusmaschinen) und konkretem Geräuschmaterial. Einige Jahre später begann er die Arbeit mit dem Minimoog. Komplexere Ergebnisse erlangte er durch die Verwendung achtspuriger Tonbandgeräte. 1975 entschied er sich für Komposition und Realisation elektro-akustischer Musik als "hauptberufliche" Tätigkeit. 1980 veröffentlichte er seine erste LP "Nachtstücke" in Frankreich, produziert von Peter Baumann (Tangerine Dream). Seit 1982 wandte er sich stilistisch der Industrial Music zu. 1984 erschien seine LP "Formen letzter Hausmusik" auf dem britischen Label "United Dairies", bis 1989 mehrere LPs auf internationalen Labels der Industrial Music (z.B. Esplendor Geometrico, Hamster Records, Multimood, A-Mission u.a.) herauskamen, darunter Arbeiten mit präpariertem Klavier, Wassergeräuschen und anderem konkretem Material. Seit 1985 experimentierte er mit dem Fairlight CMI. Mehrere Reisen im Auftrag des Goethe-Instituts führten ihn nach Argentinien, Chile, Uruguay, Brasilien. Seit 1989 hat er einen Lehrauftrag für Sounddesign, Kommunikationsdesign und Klangforschung an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) inne. Seit 1991 veröffentlichte er diverse CDs auf internationalen Labels (Staalplaat, Soleilmoon, Selektion, Mille Plateaux u.a.) und arbeitete mit diversen Komponisten der so genannten Noise Music (Merzbow, Achim Wollscheid, Thomas Köner, Vidna Obmana u.a.). Tietchens realisierte bis heute über 50 LP- und CD-Veröffentlichungen und hatte zahlreiche öffentliche Auftritte im In- und Ausland.

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Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Westdeutscher Rundfunk 2003

Erstsendung: 15.02.2003 | 22'00


AUSZEICHNUNGEN


REZENSIONEN

  • Frank Kaspar: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 12.07.2003. S. 40. - N. N.: Funk-Korrespondenz. 51. Jahrgang. Nr. 29. 18.07.2003. S. 24.

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