ARD-Hörspieldatenbank
Originalhörspiel
Die Schmetterlinge oder Nicaraguas Tote werden das Land
Technische Realisierung: Eduard Kramer, Adeltraut Hahn-Schumann
Regieassistenz: Stefan Dutt, Wolf Quiel
Regie: Werner Klippert
Leibeigene in der Kolonialzeit, Diener der Caudillos und Kanonenfutter ihrer Kriege nach der Unabhängigkeit (von Spanien 1821), immer aber Bauern ohne Land, so lebten die Bewohner Nicaraguas, solange ihre Geschichte reicht. Sie waren Verbannte im eigenen Land. Ihre Hoffnungen auf Befreiung jedoch wurden auch unter dem ersten Bombenangriff, der zur Gänze gegen eine Zivilbevölkerung gerichtet war (1927), nicht begraben, nicht nach der Ermordung des Rebellenführers Sandino 1934 im Auftrag des ersten Somoza, der eine 45-jährige Diktatur einleitete. Ein weiterer Mord in der langen Kette der Unterdrückung jeglichen Widerstandes, der Tod Pedro Joaquin Chamorros am 10. Januar 1978, löste die erneuten Kämpfe der Sandinisten aus, die zum Sturz Somozas führten. Wolfgang H. Fleischer hat zu einer Zeit, als der Bürgerkrieg in Nicaragua in seine Endphase getreten war, aus eigener Anschauung, aus Texten Chamorros (Buch: Estirpe sangrienta: Los Somoza), aus den Aussagen der Frauen von der Menschenrechtskommission und anderen Dokumenten ein Spiel für Stimmen entworfen, das das Unbeschreibliche. die "Hölle", zu fassen v ersucht. (Der kanadische Gewerkschafter Simonds erklärte, nach seinen Eindrücken in Nicaragua befragt: "Ich komme aus der Hölle zurück".) Hier ist keine Höllenvision wie die des Dante gemeint. Das Übermaß des konkreten Leids, der belegten Grausamkeit und des erlebten Muts, nötigte aber dem Wiener Autor einen Sprachgestus auf, der an die Gesänge Dantes und das ethische Engagement des Expressionismus nach dem ersten Weltkrieg erinnert. Die Druckerschwärze des Berichts unserer Tage wird dabei nicht vergessen.