ARD-Hörspieldatenbank
Originalhörspiel
Babel und die Studentin und ein Rebhuhn auseinandernehmen
Redaktion: Claude Pierre Salmony
Technische Realisierung: Basil Kneubühler
Regie: Claude Pierre Salmony, Michael Fehr
Der Architekt betrachtet sein Werk: den Turm zu Babel. Da stürzt der ein! Die Studentin denkt sich eine Zukunft voller Wohlstand aus – bis zum unausweichlichen Ende; dann flieht sie eilends zur Gegenwart zurück. Wir lernen, wie man ein Rebhuhn fachgerecht schlachtet und auseinandernimmt. Wenn bei Michael Fehr der Architekt das Kinn gen Himmel reckt und die Arme verschränkt, verweist er mit dieser Mussolini-Pose auf die Verbindung zwischen Faschismus und Architektur. Wenn beim Berner Autor der Turm zusammenfällt, wird die Fragilität der Statik zur Aussicht auf Erlösung. Der Fall des einen wird zum Glücksfall aller. Aber Scheitern ist mehrheitsfähig. Eine Studentin zeigt uns, dass auch die reichhaltigsten Vorstellungen von der Zukunft unweigerlich zum Futurum Exactum führen, zum »ich werde gehabt« oder »gemacht haben«. Also zum Punkt nach allem, weil nach der Erfüllung des Lebenswunsches nicht nur der Wunsch stirbt, sondern schließlich auch wir selber – als wären wir ein Rebhuhn in den Händen des Schicksals und würden lustvoll auseinandergenommen zum grausamen Mahl.
Michael Fehr, geboren 1982, wuchs in Gümligen bei Bern auf und studierte am Schweizerischen Literaturinstitut und an der Hochschule der Künste Bern. Er ist Schweizer Projektleiter von »Babelsprech« zur Förderung junger deutschsprachiger Dichtung. Seine Bücher »Kurz vor der Erlösung« (2013) und »Simeliberg« (2015) erschienen im Verlag Der gesunde Menschenversand. Für seine Arbeit wurde er mit dem BEST-Trächsel- Stipendium, dem Literaturpreis des Kantons Bern und dem Kelag-Preis des Klagenfurter Literaturwettbewerbs ausgezeichnet.